Koalition auf U-Boot-Jagd

■ AL-Politiker Wolfgang Wieland fiel durch/ Bei der Nachwahl zum Kabelrat fehlte eine Stimme/ Fraktionen von SPD und Alternativer Liste schieben sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe

West-Berlin. Zu einem Eklat kam es gestern abend im Abgeordnetenhaus. Weil bei den Koalitionsfraktionen SPD und AL eine Jastimme fehlte, fiel der ehemalige AL-Fraktionschef Wolfgang Wieland bei einer Nachwahl zum Kabelrat durch. Um in das Gremium gewählt zu werden, hätte er mindestens 70 Stimmen gebraucht. Für den Rechtsanwalt stimmten 69 Abgeordnete, SPD und AL verfügen insgesamt über 72 Sitze. Die AL beantragte darauf eine Unterbrechung der Parlamentssitzung. Woher die Abweichler kamen, blieb gestern abend unklar. Während die AL den Verdacht auf Abgeordnete der SPD lenkte, streute die SPD- Fraktion die Vermutung, daß die U-Boote aus den Reihen der Alternativen stammen könnten. AL-Sprecher Stefan Noe wies diesen Verdacht als »absolut absurd« zurück. Bei einer internen Probeabstimmung hätten sich alle SPD-Abgeordneten für die Wahl Wielands ausgesprochen, hieß es dagegen bei den Sozialdemokraten. Sie verwiesen darauf, daß es innerhalb der AL-Fraktion mittlerweile eine Reihe von GegnerInnen der rot-grünen Koalition gebe. Wieland gehört zwar nicht dem realpolitischen Flügel der AL an, hatte sich aber kürzlich in einem Beitrag für die taz kritisch zu dem Austritt von drei linksorientierten FunktionärInnen aus der AL geäußert.

Wieland sollte auf Vorschlag der SPD die Nachfolge des früheren Senatssprechers Herrmann Meyn im fünfköpfigen Kabelrat antreten. Der AL-Politiker war schon in zwei früheren Wahlgängen, in denen noch eine Zweidrittelmehrheit nötig gewesen wäre, durchgefallen. Die CDU-Opposition lehnt Wieland als »fachlich ungeeignet« ab.

Vor der Abstimmung gab es eine heftige Auseinandersetzung um das Wahlverfahren. Die CDU vertrat die Auffassung, daß zur Wahl erneut eine Zweidrittelmehrheit erforderlich sei. Parlamentspräsident Jürgen Wohlrabe (CDU) entschied nach Absprache mit dem Wissenschaftlichen Parlamentsdienst im Sinne der Koalitionsparteien, daß dazu nur eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 70 Stimmen notwendig sei. hmt/dpa