KOMMENTAR
: UNO-Truppen nach Südafrika

■ Die internationale Organisation kann die Gewaltspirale in Südafrika durchbrechen

Erzbischof Desmond Tutu brachte es jüngst bei einem Rundgang durch das brennende Soweto auf den Punkt: Sein Land brauche neutrale Überwachungskräfte und keine Inkatha- freundliche Polizei. Tutu erinnerte an den von der UNO begleiteten Unabhängigkeitsprozeß im Nachbarland Namibia und forderte ein ähnliches Engagement der UNO auch in Südafrika.

Die Regierung in Pretoria versteht die Zeichen der Zeit. Jahrelang lehnte man jede internationale Intervention im eigenen Fall kategorisch ab, da man sich als rechtlich legitime Regierung betrachtet. Die Kolonie Namibia allerdings wäre niemals ohne zähe Verhandlungen und eine Überwachung des Unabhängigkeitsprozesses durch die UNO den Oppressor aus Pretoria losgeworden. Nun bittet die De-Klerk-Regierung die UNO, an die um Macht kämpfenden schwarzen Parteien zu appellieren, um diese an einen Tisch zu bringen. Ein erstaunlicher Schritt und wohl der Tatsache geschuldet, daß zwar der weiße politische Apparat zur Transformation der Gesellschaft bereit ist, der Sicherheitsapparat jedoch streikt — ein Staat im Staat. Eine direkte, folgenreiche Auseinandersetzung mit den reformfeindlichen und apartheidloyalen Polizisten und Militärs hat die Regierung de Klerk bis dato vermieden. Und: Nie war die Möglichkeit eines Putsches so realistisch wie heute.

Will man nicht, daß Südafrika endgültig in einen Bürgerkrieg gleitet, müßte die internationale Gemeinschaft einen Fahrplan wie etwa in Namibia oder wie vielleicht bald in Kambodscha aufstellen, der auf der Basis freier Wahlen oder einer Volksbefragung über eine zukünftige Verfassung operiert und diese Prozesse begleitet. In einem solchen Rechtsrahmen würde sich der Sicherheitsapparat vielleicht einigermaßen demokratisieren und säubern lassen.

In einer seit Ewigkeiten von Haß, Gewalt und Mißtrauen geprägten Gesellschaft kann nur eine externe, als neutral angesehene Kraft wie die UNO initiieren, daß aus einer Kultur der Gewalt eine Kultur des Dialogs und der gewaltfreien Konkurrenz wird. Andrea Seibel