Eine IDEE für Sachsens Verfassung

Verfassungsdiskussion in Sachsen in der Einbahnstraße/ Für Volksantrag als Gesetzesinitiative sollen 40.000 und für Volksbegehren 200.000 Unterschriften notwendig sein  ■ Von Detlef Krell

Dresden (taz) — Die sächsische Verfassungsdiskussion ist in eine Einbahnstraße geraten. Nach Vorlage der Dresdner Bürgerbewegung „Gruppe der 20“ und der Räte der Bezirke hat eine Verfassungskommission Sachsen-Baden Würtemberg den „Gohrischen Entwurf“ (benannt nach einem Ort in der Sächsischen Schweiz) erarbeitet.

Damit sowohl ein rechtsstaatliches System als auch eine demokratische Willensbildung gesichert sind, will die Liste Neues Forum/ Bündnis/Grüne der Lansdesverfassung lediglich einen interimen Status verleihen. Alle BürgerInnen sollen das Recht haben, ein Begehren für einen Volksentscheid über einen von ihnen vorgelegten Verfassungsentwurf in Gang zu setzen. Obwohl der Gohrische Entwurf eine dreistufige Volksgesetzgebung vorsieht, wird seine Wirksamkeit durch gravierende Mängel eingeschrängt, argumentiert die Demokratie Initiative 90.

Ralf Donner, der für die Initiative bei den Bürgerbewegungen kandidiert, nennt zuerst die hohen Unterschriftsquoten, die vor Volksantrag und Volksbegehren Gesetz sind. So sollten für einen Volksantrag als Gesetzinitiative aus der Bevölkerung 10.000 Unterschriften ausreichend sein.

Der Entwurf verlangt 40.000 und setzt die Hürde für ein Volksbegehren bei 200.000 Unterschriften. Das sind fünf Prozent der Wahlberechtigten in Sachsen.

In Schleswig Holstein kommt ein Volksbegehren bereits zustande, wenn zwei von 100 Stimmberechtigten binnen eines halben Jahres zugestimmt haben. Zur sächsischen Verfassung aus der Sicht der Bürgerbewegungen schreiben Michael Arnold, NF Leipzig und Thomas Mayer, Initiative Direkt Demokratie Bonn: „Es geht um die Frage, wie viele Mitgestaltungsmöglichkeiten die BürgerInnen als Souverän des Staates bekommen, damit sie ihr Schicksal und ihr Leben in ihre eigenen Hände nehmen können, und wieviel Macht den Parteien, Regierungen und Behörden zugesprochen wird.“

Im Sinne direkter Demokratie der Bürger wird diese Frage von dem in der Öffentlichkeit nur wenig bekannten Verfassungsentwurf sächsischer Hochschullehrer beantwortet: In diesem Leipziger Text gehen, wie Ralf Donner bewertet, sowohl die Konzepte der Demokratie Initiative 90 ein, als auch die mit den Neuregelungen des Verfassungsrechts durch die IDEE, Initiative Demokratie Entwickeln e.V. Bonn und die Heinrich Böll Stiftung Köln gegebenen Anregungen für die neuen Verfassungen der neuen DDR-Länder.

Auch die Verfassungsentwürfe für Brandenburg und Sachsen Anhalt enthalten weitreichendere Regelungen für die Volksgesetzgebung als der Gohrische Entwurf. Damit ein Volksbegehren trotz undemokratischer Hürde dennoch Erfolgsaussichten hat, beginnt die Demokratie Initiative 90 jetzt, ein Koordinierungsnetz potentieller Unterstützer aufzubauen.

Jeder soll selbst entscheiden, ob er das Begehren unterstützen wolle. Ralf Donner: Interessenten könnten sich an die Demokratie-Initiative Rothenburger Straße 36 in Dresden 8060 wenden.