Ohne Stasi-Opfer?

■ Stalinismus-Opfer kritisieren Rehabilitationsgesetz

Berlin (taz) — Schwere Kritik übten gestern Bürgerkomitees und Vertreter ehemals politischer Gefangener des SED-Regimes, die aus Chemnitz, Leipzig, Berlin und Bonn zusammengekommen waren: Das in der Volkskammer verabschiedete Rehabilitationsgesetz sei „für alle Betroffenen unbefriedigend und nicht einmal Bestandteil des Einigungsvertrages“, bemängelte Dieter Polatschek vom Bürgerkomitee Leipzig. Im Berliner „Haus am Checkpoint Charlie“ erklärte Polatschek, daß „die Gerichte und Staatsanwaltschaften bisher nicht mit unbelasteten Persönlichkeiten besetzt werden konnten“. Ehemals politische Gefangene würden in der Leipziger Bezirksstaatsanwaltschaft „ihre damaligen Ankläger auf den Amtsfluren treffen“. In Diestels staatlichem Komitee zur Auflösung des MfS/AfNS hätten Opfer dieselben Leute wiedergetroffen, von denen sie damals verhört worden seien. Werner Jaeger vom „Bund der Verfolgten des Stalinismus“ in Chemnitz berichtete, daß der Leiter der dortigen Rehabilitierungskommission immerhin abgelehnt habe, Anklagen von nach 1964 zu untersuchen, weil der Leiter seit damals selbst Ankläger war. Polatschek verurteilte, daß alle Ermittlungsverfahren wegen Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses von der Generalstaatsanwaltschaft der DDR eingestellt worden seien. Der Leipziger forderte, daß „alle Akten vor weiterer Vernichtung gesichert werden müssen“. Opfer, die bereits ihre Anklagen und Urteile bekommen haben, seien „zu einer inneren Ruhe“ gekommen. Sie könnten öffentlich über ihre Haft sprechen und jedem ihr Urteil zeigen. In Leipzig sollen alle Akten, die das Bürgerkomitee im Dezember gefunden hat, erhalten sein. Dirk Wildt