Der FDGB wurde offiziell aufgelöst

■ Das Ende einer DDR-Massenorganisation, die noch im Herbst zehn Millionen Mitglieder hatte

Berlin (taz) — Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) ist gestern in der pompösen FDGB- Zentrale am Ostberliner Märkischen Ufer offiziell zum 30. September aufgelöst worden. Bei zwei Neinstimmen und zwei Enthaltungen entschieden 110 der 114 anwesenden stimmberechtigten Delegierten damit über das Ende der DDR-Massenorganisation, die noch im Herbst letzten Jahres rund zehn Millionen Mitglieder hatte. Verbleib und Verwaltung des FDGB-Vermögens wird auf Beschluß der Delegierten einer Gewerkschaftlichen Vermögensverwaltungsgesellschaft (GVVG) „Märkisches Ufer“ übertragen, die mit drei gewählten Liquidatoren „nach Befriedigung aller bekannten Gläubiger und Ablauf des gesetzlich vorgeschriebenen Sperrjahres“ die für die „gewerkschaftliche Arbeitsfähigkeit erforderlichen Gewerkschaftshäuser“ in die Treuhandgesellschaft des DGB überführen soll. Einige Delegierte legten Wert darauf, „nicht mit leeren Händen“ in die neuen gesamtdeutschen Gewerkschaften zu gehen.

Nach kurzer Debatte wurden die Grundsatzanträge, wie vom zuletzt als FDGB-Vorstand amtierenden Sprecherrat vorgelegt, mit nur unwesentlichen Änderungen angenommen.

Auf dem außerordentlichen FDGB-Kongreß im Februar dieses Jahres, zu dem noch über zweitausend Delegierte angereist waren, war bereits die Entmachtung des FDGB und eine Stärkung beziehungsweise Neukonstituierung der Einzel- und Industriegewerkschaften (EG/IG) beschlossen worden. Seither gelang es dem FDGB nicht, in eine Dachverbandsfunktion — wie sie der DGB für die bundesdeutschen Gewerkschaften innehat — zu schlüpfen. Weil der FDGB den Ruch seiner ehemaligen Funktion als Transmissionsriemen der SED nicht loswurde und weil der im Februar gewählte Vorstand die dringend gebotene Offenlegung des Vermögens nur sehr mangelhaft in Angriff nahm, wurde die FDGB-Führung im Mai dieses Jahres mit einem Auflösungsbegehren der Einzelgewerkschaften konfrontiert.

Nach knapp dreieinhalb Stunden sprach der Vorsitzende des Sprecherrates, Peter Rothe, gestern das Schlußwort und begann mit dem denkwürdigen Satz: „Wir haben es geschafft.“ Das Delegiertenhäuflein kann nun seinen Grundorganisationen Vollzug melden. jon