Hafenstraße: Hier wohnt nicht die RAF

■ Bewohner beklagen „vom Staatsschutz lancierte Lügen“/ Keine personellen Verflechtungen mit der RAF

Hamburg (taz) — Die BewohnerInnen der Hamburger Hafenstraße haben den Bericht zurückgewiesen, wonach in der Häuserzeile bei einer Razzia im Mai Disketten und Stadtpläne gefunden worden seien, auf denen Markierungen für RAF-Anschläge auf Bundeskanzler Helmut Kohl und Daimler-Benz-Chef Edzard Reuter gefunden worden sind. Es handele sich lediglich um vom „Staatsschutz lancierte Lügen“.

Personelle Verflechtungen zur RAF wurden ebenfalls dementiert. Eine Sprecherin: „Wer hier lebt, ist nicht die RAF — nicht 130, nicht 30, nicht 10.“ Und: „Man braucht nicht in der RAF zu sein, um sich gegen Isolationsfolter in den Knästen zu wehren.“

Zu den Funden des Bundeskriminalamtes heißt es weiter: „Niemand von uns hat irgendwas in irgendeinen Stadtplan gemalt, um jemanden — sei es Kohl, sei es Reuter — in die Luft zu sprengen oder abzuschießen. Wir sind kein Ausspähunternehmen, für niemanden.“

Die HafensträßlerInnen werten die Funde als einleitende Kampagne über das „Vehikel: ,RAF in der Hafentraße‘“ — nach dem eventuell scheiternden, mietrechtlichen Räumungsversuch —, die Räumung mit polizeilichen Sondergesetzen (RAF- Fahndung) zu legitimieren. Aussagen des Hamburger Innensenators Werner Hackmann (SPD) deuten in diese Richtung. Hackmann sprach gestern von „Gefahr im Verzuge“, wies aber auch auf die bestehenden Mietverträge hin. Das Projekt könne nur mit entsprechenden Gerichtsurteilen beendet werden.

Die SprecherInnen der Häuser erinnerten daran, daß Hamburgs Verfassungsschutzchef Christian Lochte schon vor zwei Monaten Hamburger Wirtschaftsbossen versprochen hat, daß die Hafenstraße bis Jahreswechsel geräumt sei. Lochte sei es auch gewesen, der 1985 die These von der RAF am Hafenrand aufgestellt hätte, um, wie er später öffentlich zugab, „eine Entsolidarisierung“ mit dem Projekt zu erwirken.

Deutlich widersprechen die Bewohner-Vertreter auf Staatsschutzkreise gestützte Veröffentlichungen, so zum Beispiel im 'Stern‘, daß zeitweilig gesuchte Mitglieder der RAF- Kommandoebene in den Häusern gewohnt haben. „Die Hafenstraße ist der am besten bewachteste Ort in Hamburg, da müßte ein Gesuchter schön blöd sein, hier unterzutauchen“, sagte ein Bewohner. Kai von Appen