„Grünen-Klau“ der PDS: Erstunken und erlogen?

■ Widersprüchliches zu angeblichen Anwerbungsversuchen

Berlin (taz) — Der Vorstand der Nachfolgepartei der SED hat gestern empört die Behauptungen zurückgewiesen, die PDS locke bundesdeutsche Grüne mit finanziellen Angeboten in die Partei. Die PDS führe zwar „zahlreiche politische Gespräche“, selbstverständlich „auch mit dem Ziel, andere von ihren Anschauungen zu überzeugen“, Anwerbungsversuche anderer Art gebe es aber nicht, hieß es in einer Presseerklärung. Grüne Abgeordnete, die in die PDS übertreten wollten, würden im Gegenteil aufgefordert, ihr Mandat niederzulegen. Von „Mandatsklau“ könne nicht die Rede sein, so der Parteivorstand.

Der Bundestagskandidat der Grünen in Tübingen, Christian Vogt- Moykopf, will, wie berichtet, einen Posten im PDS-Landesvorstand von Brandenburg angeboten bekommen haben. Als finanzieller Anreiz sollen ihm monatlich über 3.000 Mark netto geboten worden sein.

Das Präsidium des Parteivorstandes der PDS wirft Vogt-Moykopf im Gegenzug vor, im Juli den Parteivorsitzenden Gysi nach einer Diskussionsveranstaltung in Tübingen „bedrängt“ und „in aufdringlicher Weise den Kontakt“ gesucht zu haben. Vogt-Moykopf habe bei dieser Gelegenheit angeboten, für die PDS in der DDR zu arbeiten. Christian Vogt-Moykopf sei auch später nicht — wie er behauptet — telefonisch zur Mitarbeit aufgefordert worden.

Eine „Retourkutsche der PDS“ und „politischer Rufmord“ nannte Christian Vogt-Moykopf die Behauptungen der Gysi-Partei am Sonntag gegenüber der taz. Den Anruf von einem Präsidiumsmitglied der PDS — Vogt-Moykopf nennt keine Namen — und das Stellenangebot habe er vor zwei Wochen bekommen. Inzwischen habe er von der Stuttgarter grünen Landtagsabgeordneten Rose Glaser erfahren, daß auch der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Eberhard Walde, ein ähnliches Angebot von der PDS erhalten habe.

„Nicht mal ansatzweise“ hätte dagegen Vogt-Moykopf seine Mitarbeit offeriert: „Das läßt sich leicht beweisen, weil andere Grüne das Gespräch mit Gysi mitgehört haben.“ Von „Abwerbung mit dem Scheckbuch“ zu sprechen, sei allerdings überspitzt gewesen, sagte der Tübinger Grüne. Man habe nur versucht, „Entscheidungshilfe zu leisten“, indem finanzielle Verbindungen zu den Grünen als problemlos bezeichnet worden seien. Karin Mayer