Genug Arbeitsplätze im Gesundheitswesen

Berlin (taz) — Keine Poliklinik muß vor Ende des Jahres Entlassungen vornehmen, erklärte gestern Gesundheitsminister Kleditzsch. Bis dahin sei die Finanzierung in jedem Fall gesichert. Haben sich die Polikliniken bis dahin nicht entschieden, in welcher Trägerschaft sie zukünftig arbeiten wollen, gäbe es darüber hinaus die Möglichkeit einer „Auffanggesellschaft“. Diese sei durch eine Treuhand regelbar und würde über die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen gebildet.

Im Gesundheitswesen habe „jeder einen Arbeitsplatz, nur nicht unbedingt seinen“. Vor allem im OP- und Anästhesiebereich herrsche großer Bedarf, allein 40.000 Mitarbeiter würden zum Aufbau der Krankenkassen benötigt. Als besonders fatal bezeichnete Kleditzsch, daß zunehmend auch Weiterbildungsassistenten entlassen werden, obwohl Weiterbildungsverträge nicht einseitig gekündigt werde dürften. Der Gesundheitsminister empfahl in solchen Fällen einen Arbeitsprozeß anzustreben, bedauerte jedoch gleichzeitig, daß sowohl in den Arbeitsgerichten wie auch in den Arbeits- und Sozialämtern vielerorts „noch immer alte Seilschaften“ tätig seien.

Kleditzsch plädierte dafür, die Einrichtungen des stationären und ambulanten Gesundheitswesens in das Wirtschaftsförderungsprogramm aufzunehmen. Immerhin seien mittlerweile in den Sachverständigenrat der Bundesregierung bereits Ärzte aus der DDR berufen worden.

Nach der Vereinigung gelten für die dann ehemaligen DDR-Bürger Übergangsregelungen im Gesundheitsbereich: Alle Bürger, die bisher in der staatlichen Krankenversicherung versichert waren, werden ohne besondere Anmeldung von den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) übernommen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, sich bei anderen Betriebs- oder Ersatzkassen versichern zu lassen. Für alle künftigen Kassen ist bis zum 31. Dezember 1991 ein einheitlicher Beitragssatz von 12,8 % des Bruttolohns gesetzlich vorgeschrieben. Für Behandlungen, einschließlich Arznei- und Hilfsmittel, Krankenhausaufenthalte und Kuren, die bis zum 30.Juni 1991 durchgeführt werden, übernimmt die Krankenkasse die vollen Kosten. Danach treten differenzierte Selbstbeteiligungsregelungen in Kraft. Wer sich in der BRD behandeln läßt, muß zuzahlen. In Notfällen und bei „komplizierten“ Behandlungen und Operationen, die im Osten nicht möglich sind, übernimmt jedoch die Kasse die vollen Kosten.