Stalins Kollektivierung

■ Landwirtschaft 1928 gewaltsam umstrukturiert

Viel tiefer als die Russische Revolution von 1917 selbst griff die Kollektivierung der Landwirtschaft nach 1928 in das Leben der Menschen ein. 25 Millionen Bauern sollten ihren Privatbesitz an Grund und Boden verlieren und in sogenannte Kolchosen (Koperativen) und Sowchosen (verstaatlichte Betriebe ehemaliger Großgrundbesitzer) zusammengefaßt werden. Doch die Muschiks leisteten erbitterten Widerstand, der nur durch den Einsatz von Truppen und Geheimpolizei gebrochen werden konnte. Tausende kamen dabei um, die Verweigerer wurden als „Kulaken“ — das waren ursprünglich die reichen Bauern — gebrandmarkt und als Klassenfeinde in die Konzentrationslager getrieben. Noch immer ist unklar, wieviele Menschen dabei umkamen. Neuere Schätzungen sprechen von über zehn, manche sogar von zwanzig Millionen. Weitere zehn Millionen Menschen starben durch die folgende Hungersnot.

Die Kollektivierung der Landwirtschaft sollte die Grundlagen für die Industrialisierung des Landes und damit des Aufbaus des Sozialismus schaffen. Stalin, der nach Lenins Tod den im übrigen bei den Kommunisten sehr umstrittenen Schritt des „Aufbaus des Sozialismus in einem Land“ wagen wollte, forcierte die Entwicklung der Schwerindustrie, die allen Bevölkerungsteilen schwere Opfer abverlangte. Dagegen hatten nach der Phase des Bürgerkrieges und des Kriegskommunismus Lenin und andere Theoretiker der Sowjetmacht wie Bucharin eine Phase der Konsolidierung ermöglicht. Diese „Neue Ökonomischen Politik“, die in den zwanziger Jahren immerhin zu einer Erholung der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion führte, setzte die Entwicklung der Landwirtschaft und die der Leichtindustrie ins Zentrum der Bemühungen.

Von Stalin als kapitalistischer Weg verdammt, erlebte gerade das Werk Bucharins in den letzten Jahren in der Sowjetunion neue Anerkennung. Gorbatschows Vorschlag zielt darauf ab, eines der wesentlichen Relikte des Stalinismus zu beseitigen. er