Stasi: Bestätigung und Dementi

■ Minister Steinberg war inoffizieller Mitarbeiter der Stasi/ Eppelmann will vor Gericht Prüfungsausschuß bestätigt die Überprüfung von 34 Abgeordneten/ Ergebnisse nicht öffentlich

Berlin (taz) — Der Prüfungsausschuß der Volkskammer hat gestern die Angaben des früheren Regierungsbeuftragten Werner Fischer bestätigt, wonach Umweltminister Karl-Hermann Steinberg (CDU) in der Vergangenheit für die Stasi gearbeitet hat. Ohne den Namen des Ministers zu nennen, wies der Auschußvorsitzende Peter Hildebrandt (Bündnis 90/Grüne) in einer schriftlichen Erklärung das Dementi des CDU-Politikers zurück. Steinberg hatte seine Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter der Stasi vehement betritten. Nachdem „in einem Fall der in der Öffentlichkeit genannte Name eines Betroffenen unberechtigterweise auch öffentlich bestätigt wurde“, erklärte Hildebrandt weiter, sehe er nun keinen Anlaß zu verschweigen, „daß das Dementi des Betroffenen nachgewiesenermaßen den Tatsachen kraß widerspricht“. Steinberg hätte „das Ministeramt gar nicht erst antreten oder wenigstens stillschweigend zurücktreten“ sollen. Gleichzeitig distanzierte sich Hildebrandt im Namen des Ausschusses „von allen vorzeitigen und unkritischen Namensnennungen“ im Zusammenhang mit Stasi-Verdächtigungen. Die 'Berliner Zeitung‘ und die 'Bild am Sonntag‘ hatten, wie gemeldet, am Wochenende berichtet, auch Abrüstungs- und Verteidigungsminister Rainer Eppelmann (DA), Bauminister Axel Viehweger (FDP), der ehemalige Wirtschaftsminister Gerhard Pohl (CDU) stünden zusammen mit dem Minister im Amt des Ministerpräsidenten Klaus Reichenbach (CDU) und dem Forschungsminister Frank Terpe (SPD) im Verdacht, für die Stasi gearbeitet zu haben.

Eppelmann, Reichenbach und Pohl wollen nach den Worten der Regierungssprecherin Angela Merkel auch gerichtlich gegen die Vorwürfe vorgehen. Bei der Überprüfung der vier DA-Abgeordneten anhand der Eingangsdateien in der Stasi-Zentrale im Frühjahr sei die Regierungssprecherin selbst zugegen gewesen. Sie könne daher bestätigen, daß es keine Anhaltspunkte für eine Verdächtigung Eppelmanns gebe.

Im Deutschlandfunk sagte Eppelmann gestern, er werde nicht zurücktreten. Durch die Anschuldigungen sei er in die rechtsstaatlich absurde Lage geraten, seine Unschuld beweisen zu müssen. Ministerpräsident de Maizière (CDU) erklärte in einem Hintergrundgespräch — zu dem weder 'dpa‘ noch taz zugelassen wurden — Eppelmann sei „sehr betürzt“.

Mit rechtlichen Schritten drohte auch der Vorsitzende des Sonderausschusses zur Kontrolle der Stasi- Auflösung, Joachim Gauck (Neues Forum). Fischers öffentliche Anschuldigung gegenüber Umweltminister Steinberg sei „rechtsstaatlich unmöglich und sogar unter Strafe gestellt“. Mit Entsetzen habe er weiter vernommen, daß auch Rainer Eppelmann der Stasi-Mitarbeit bezichtigt werde. Eppelmann sei „eines der ausgesuchtesten Stasi-Opfer, der auf vielfältige und perfideste Art überwacht und ausspioniert worden ist“. Gegenüber der 'Welt‘ schloß Gauck den „Verdacht rundweg aus“.

Der Prüfungsausschuß der Volkskammer teilte gestern weiter mit, bei 52 Abgeordneten und Ministern werde der Verdacht auf eine Stasi- Mitarbeit geprüft. Bis zum 14. September sind nach der Erklärung die Unterlagen von 34 Volkskammer- Mitgliedern und Ministern gesichtet worden. Seit dem 13.9. werden die Betroffenen und die Fraktions- beziehungsweise die Parteivorsitzenden über die Ergebnisse informiert. Die Mitteilungen des Ausschusses erfolgen in vier unterschiedlichen Formen: Nach Sichtung der Akten wird entweder die Empfehlung „zum sofortigen Rücktritt bzw. zur Mandatsniederlegung“ ausgesprochen, oder mitgeteilt, „daß die MfS-Akte nicht mehr oder noch nicht auffindbar“ ist, beziehungsweise, daß sie unvollständig ist und eine Empfehlung zum Rücktritt „nicht ausgeschlossen werden kann“. Die Betroffenen werden aber auch darüber verständigt, wenn „sich keine ausreichenden Gründe für eine Rücktrittsempfehlung ergeben haben“ oder die Geprüften „vom Verdacht der MfS- Zusammenarbeit vollkommen entlastet sind“. Möglicherweise werde die Überprüfung nicht fristgerecht abgeschlossen werden können. Der Ausschuß regte daher an, die Abgeordneten, die in den Bundestag wechseln sollen, endgültig erst nach Abschluß der Ermittlungen zu benennen. Wolfgang Gast