Jungen sexuell mißbraucht?

■ Jugendleiter soll an fünf Jungen »sexuelle Handlungen« vorgenommen haben

West-Berlin. In der Öffentlichkeit wird es bislang wenig beachtet: einer der wenigen bekanntgewordenen Fälle jedoch, bei denen der Verdacht auf sexuellen Mißbrauch an Jungen besteht, wurde gestern vor dem Jugendschöffengericht Moabit verhandelt.

Der 46jährige Kaufmann C. wird angeklagt, an Jungen unter 14 Jahren »sexuelle Handlungen vorgenommen« zu haben sowie von den Kindern an sich vorgenommen haben zu lassen. Sowohl in seiner Wohnung als auch auf gemeinsamen Fahrten soll er den Jungen unter Hose und Schlüpfer gegriffen und an deren Geschlechtsteilen manipuliert haben. Weiter, so die Anklage, habe C. die Jungen sowohl dazu veranlaßt, sein Geschlechtsteil bis zum Samenerguß zu reiben als auch auch Oralverkehr zu betreiben. Aufforderungen der Kinder, dies zu unterlassen, habe er nicht beachtet.

Zum damaligen Zeitpunkt war der Angeklagte Gruppenleiter eines Wandervereins, in dem ausschließlich männliche Kinder und Jugendliche Mitglieder sind. In dieser Eigenschaft unternahm er mit den Jungen unter anderem auch Fahrten in den niedersächsischen Hämelerwald und nach Griechenland. Wie C., der mittlerweile aus dem Verein ausgetreten ist, vor Gericht erläuterte, dienten die Fahrten dazu, durch das »Erleben der Natur im Leben besser zurechtzukommen«. Der Verein habe sich aber auch bemüht, den jugendlichen Mitgliedern bei der Suche von Lehrstellen behilflich zu sein. Wie es in informierten Kreisen dazu hieß, herrsche in dem betreffenden Verein ein »Führer-und-Gefolgschaft-Prinzip«: Unter anderem müßten die Jungen einen Schwur ablegen, über alles zu schweigen, was innerhalb der Gruppe geschieht. Der Verdacht, daß die Kinder möglicherweise sexuell mißbraucht würden, tauchte das erste Mal auf, weil ein Junge aus einer anderen Gruppe diesen Schweigeschwur brach und seinen Eltern von solchen Erlebnissen berichtete.

Wie die Anwältin der Eltern — sie sind Nebenkläger in diesem Prozeß — erklärte, stütze sich die Anklage auf zwei Punkte: den generellen Mißbrauch von Kindern sowie den Mißbrauch von Schutzbefohlenen im besonderen. Der Angeklagte, der sich bislang nichts hat zuschulden kommen lassen, bestritt gestern, derlei Handlungen vorgenommen zu haben. Er habe die Jungen nie unsittlich berührt oder »sie irgendwie manipuliert«. Offen ist demnach auch noch völlig, inwieweit der Beschuldigte Gewalt oder Drohungen angewandt haben soll oder auf welche Art sonst er die Jungen zu solchen Handlungen gebracht haben soll — wenn sie überhaupt stattgefunden haben, was bislang ebenfalls noch nicht geklärt ist.

Der Prozeß wird am kommenden Dienstag fortgesetzt. Dann sollen die Jungen selbst zu den Geschehnissen gehört werden. maz