Geordneter Rückzug?

■ Auf den Philippinen sind die USA zur schrittweisen Auflösung ihrer Basen bereit KOMMENTAR

Verzweifelt bemüht sich Präsidentin Aquino ihre politische Glaubwürdigkeit gegenüber dem philippinischen Volk zurückzugewinnen. Neuerdings tritt sie für einen gerade entdeckten Filipino-Nationalismus ein. Am Vorabend der Verhandlungen über die Zukunft der US-Stützpunkte in ihrem Land gab sie zu verstehen, daß die US-Basen Subic und Clark nach dem Auslaufen des Stationierungsvertrages am 16. September 1991 abgebaut werden sollen. Allerdings sei ein „geordneter Rückzug“ erforderlich, in einem Zeitraum von fünf Jahren — ein Euphemismus für eine ausgedehnte Abzugsphase oder ein neuer Name für eine weitere Pachtvereinbarung, ohne daß ein Räumungsdatum bereits vertraglich festgeschrieben wäre. Vieles wird von Frau Aquinos Verhandlungsvermögen abhängen.

Bereits seit längerem ist es für die USA beschlossene Sache, daß die Basen nicht mehr ihrem ursprünglichem Zweck dienen. Denn dem Wandel in Europa und besonders in der Sowjetunion folgte ein Wandel der amerikanischen Militärstrategien in Asien. In Zukunft verläßt sich die USA mehr auf Basen in Guam und Okinawa. Und in Singapur, dem einzigen ASEAN-Staat, der an einer US-Präsenz Interesse gezeigt hat, soll darüber hinaus ein Marinestützpunkt ausgebaut werden.

Nach jüngsten Meinungsumfragen sind 80 Prozent der Philippiner gegen eine fortgesetzte Präsenz der amerikanischen Soldaten. Und weniger als 20 Prozent der Abgeordneten unterstützen eine Erneuerung des Stationierungsvertrages. Die breite und aktive Anti-Basen-Koalition hat sich zur mächtigsten politischen Organisation auf den Philippinen gemausert.

Während sich Linke und alle progressiven Organisationen gegen die US-Basen richten, schreit die Rechte nach einem Filipino-Nationalismus. Bereits der gerissene Marcos wußte hinter solcher Gesinnung mächtige Kräfte zu binden und den USA weitgehende Konzessionen abzuringen.

Die meisten setzen sich nun für eine Abzugsphase von fünf bis neun Jahren ein. Selbst die Offiziere um Kolonel Gringo Honasan rufen nach einem Abbau der Stützpunkte. Obschon sich dahinter eher eine Retourkutsche für den Einsatz der amerikanischen Luftwaffe bei der Niederschlagung ihres Putschversuches im Dezember 1989 verbergen mag. Schließlich hatten sich zuvor die Putschisten bekanntlich noch mit hochrangigen US-Vertretern über den Verbleib der US—Basen ins Einvernehmen gesetzt.

Frau Aquino bleibt nicht viel anderes übrig, als sich der Anti-Basen-Bewegung anzuschließen. Ihr eigentliches Interesse ist indes auf einen finanziellen Deal mit den USA ausgerichtet. Die katastrophalen Auswirkungen der Golf-Krise lassen sie in einer verzweifelten ökonomischen Lage zurück. Ihr Nationalismus ist reine Pose. Weder ihre Bekehrung noch Megadollars werden jedoch ihre politische Zukunft sichern.

Politischen Gewinn wird indes Verteidigungsminister Fidel Ramos davontragen, der schon seit zwei Jahren darauf dringt den Stationierungsvertrag nicht zu erneuern. Er favorisiert einen vollständigen Abzug bis 1998, dem hundertsten Jahrestag der philippinischen Unabhängigkeit von Spanien. Ironischerweise markiert dieses Datum zugleich den Beginn der Kolonialisierung durch die USA. Larry Jagan