Rhythmischer Klangteppich

■ Konzert mit Werken von György Ligeti im Vortragssaal der Kunsthalle

Das Konzert mit Werken des 1923 geborenen Komponisten György Ligeti war ein ganz besonderer Glücksfall im Konzertleben der Stadt Bremen. Die Kompositionen wurden zum Teil von Ligeti selbst erläutert - so, daß es auch Nichtmusikern möglich war, die Konstruktion der Kompositionen zu verstehen.

In Ligetis Musik ist die Rhythmik von besonderer Bedeutung. Dies wurde gleich zu Anfang, mit drei Stücken aus der Sammlung „Musica Ricercata“ (1951-53), verdeutlicht. Das erste besteht fast aus nur einem Ton, einem A, das in allen möglichen Oktaven phantasievoll rhythmisiert wird. Als Pointe endet es mit einem D, als einzigem anderen Ton.

Dann drei Stücke für Cembalo: Das erste, die „Passacaglia ungherese“ von 1978, ist in mitteltöniger Stimmung zu spielen. Die mitteltönige Stimmung ist insofern eine folgerichtige Forderung, als sie als eine alte, barocke Stimmung, die in unseren Ohren an einigen Stellen falsch klingt, der ebenfalls alten Form der Passacaglia entspricht. Im „Hungarian Rock“ (ebenfalls von 1978) wird über eine „rockige“, ostinate Baßfigur eine schier endlos wirkende melodische Linie gespielt. Das 1968 entstandenene „Continuum“ ist eine Komposition, bei der auf zwei Manualen in gleicher Lage so schnelle auf- und-ab-Läufe gespielt werden, daß man nicht die einzelnen Töne, sondern übergeordnete Klänge wie einen rhythmischen, sich langsam verändernden Klangteppich wahrnimmt. Klanglich ungeheuer abwechslungsreich sind die „Etudes pour piano“, die in zwei Serien entstanden sind. (1985 und 1988-90). Die Etüden sind mit Elementen außereuropäischer Rhythmik angereichert, arbeiten mit rhythmischen, kaum mehr nachvollziehbaren Akzentverschiebungen, sind mit verschiedensten Klangfarben gestaltet.

Der Pianist Volker Banfield, Klavierprofessor an der Musikhochschule in Hamburg, beeindruckte nicht allein durch die virtuose Spielweise, sondern auch durch die ungeheure Lockerheit, mit der er komplizierteste rhythmische Schwierigkeiten meisterte. Die ebenfalls in Hamburg unterrichtende Cembalistin Caroline Kirchhoff, die sich auf Cembalomusik des 20. Jahrhunderts spezialisiert hat, hat die drei Stücke mit bestechender Klarheit gespielt. Der Hornist Knut Hasselmann, sowie der Geiger Janos Negyesy bewiesen ungeheure Flexibilität in bezug auf Klangfarben und Lautstärkendifferenzierungen. Eine glückliche Kombination von originellen Musikern mit interessanten Werken eines großen Komponisten. Marco Ehrhardt