„Warum soll ich mir das ausdenken?“

■ Vergewaltigung mit Gummiknüppel vor dem Bremer Schwurgericht

Weil er ihre „dreckigen Unterhosen“ angefaßt habe, sei Scheidensekret an seinen Schlagstock geraten, so die Version des 32jährigen Manfred V., der sich gestern erneut vor Gericht verantworten mußte. Der Bahnpoliziste ist angeklagt, die 21jährige Evelyn N. am 11. Januar 1989 in einem Raum der Bahnhofspolizei zu sexuellen Handlungen gezwungen zu haben.

Die heroinabhängige Evelyn N. war am Tage der mutmaßlichen Tat zusammen mit einem Bekannten am Bahnhof vom Angeklagten „aufgegriffen“ worden. Im Bahnhof hatte sie seit längerer Zeit Hausverbot, weil sie dort ihre Freier anwarb.

Auf dem Weg durch den Bahnhof zur Wache trennten sich die Wege der zwei Beamten und ihren „Schützlingen“: Kollege Müller ging mit dem ebenfalls heroinabhängigen Walter H. in die Wache, um ihn zu durchsuchen. Der Angeklagte Manfred V. blieb mit Evelyn N. zurück: Sie sei „über ihre eigenen Füße gestolpert“, so der Angeklagte, wobei sich der Inhalt ihrer Plastiktüte, eine schwarze Gymnastikhose und „dreckige Unterhosen“ auf dem Boden verteilte. Die Sachen habe er mit Handschuhen aufgesammelt und zurück in die Tüte gesteckt. Über die Handschuhe sei das Scheidensekret an den Schlagstock geraten.

Evelyn berichtet: „Tierisch geheult“ habe sie, als er mit dem Schlagstock an ihr manipulierte. Ob sie sich nicht geekelt habe, fragt der Richter. Natürlich habe sie sich geekelt, und wenn sie „anders drauf gewesen wäre, hätte sie ihm “in die Eier getreten„. Es fällt ihr schwer, sich nicht zu verteidigen: “Warum sollte ich mir das ausdenken?„ fragt sie empört.

„Sie saß da zusammengekauert, als ich aus der Wache kam und heulte “, erzählt der Bekannte von Evelyn bei seiner Vernehmung, Und auf dem Revier? „Hat mich gewundert, daß die gleich voll dabei waren“, beurteilt Walter H. das Verhalten der Polizeibeamten.

Zeuge Rainer P., Polizist im 6. Polizeirevier: „Sie war völlig aufgelöst und am Heulen. Ich kenne sie, sonst ist sie nicht so, eher hysterisch und schreit herum.“ Und obwohl sie „unwahrscheinliche Dinge“ erzählte und zuletzt wegen der Tabletten, dauernd einnickte, habe man die Anzeige „leidlich zu Ende gebracht“ und den Fall an die Kriminalpolizei weitergeben, „damit nichts schief läuft mit der Beweismittelsicherung“.

Doch dem Kriminalbeamten Harald G. war das Ganze den Kollegen von der Bahn gegenüber peinlich. Das geht aus seinem Bericht hervor, der „Angebliche sexuelle Nötigung“ überschrieben ist. Darin steht: „Bei der Bahnpolizei wurde vorsichtig unser Besuch dargelegt.“ Und: „Wir ließen gegenüber den Beamten nicht das Gefühl der Vernehmung oder des Vorwurfs aufkommen.“ „Psychologisch erklärbare Vorbehalte“ seien das gewesen, so der Kollege, der den Bericht verfaßt hat, denn schließlich kenne man die Zeugin.

Gutachter Ekkehard Kissling hat Scheidensekret am Schlagstock des Angeklagten gefunden. Das spricht einerseits für die Richtigkeit der Anklage. Aber die Variante des Angeklagten, kann dadurch auch nicht widerlegt werden. Dafür hätte die „Beweismittelsicherung“ der Polizei etwas perfekter sein müssen: Wo ist die Hose, in der der Schlagstock nach der Tat steckte, wo die Handschuhe? „Dreckige Unterhosen“ jedenfalls, so Evelyn, habe sie niemals dabei. Höchsten ganz neue Slips, weil sie die getragenen immer in den Müll wirft. Beate Ramm

Fortsetzung Montag, 24.9., 8.30, Amtsgericht Raum 451