Berlin wird immer olivgrüner

■ Bereits jetzt kurven Bundeswehrfahrzeuge völlig illegal durch das noch entmilitarisierte Berlin/ Das Bundesverteidigungsministerium und die Alliierten schweigen weiter beharrlich zu dem Rechtsbruch

Berlin. Die Jungs von der Hardthöhe können den 3. Oktober nicht mehr abwarten: statuswidrig kurven sie jetzt immer öfter mit ihren olivgrünen Bundeswehrfahrzeugen in der noch entmilitarisierten Stadt herum. Laut alliierter Vorbehalte ist ihnen das immer noch verboten. Bundeswehrangehörige dürfen sich in Berlin nicht in Uniform zeigen und hier auch keine hoheitlichen Aufgaben erfüllen. »Aufgrund des besonderen Status der Stadt hat Bundeswehrpersonal keinerlei Funktionen in der Stadt«, heißt es im »Kommandantura Letter« von 1969. Er schließt auch aus, daß die Militärgesetzgebung der BRD hier Anwendung findet. Wie die »Kampagne gegen die Wehrpflicht« gestern der taz mitteilte, sind am Dienstag erneut Bundeswehrfahrzeuge mit dem typischen Y-Kennzeichen gesichtet worden. Bereits am vergangenen Freitag hatten Augenzeugen Bundeswehrlastwagen am Bahnhof Zoo und an der Siegessäule gemeldet. Am Dienstag nun wurde gegen 11 Uhr vormittags in Ost-Berlin ein Militär-Golf mit einem Bundeswehrhauptmann auf dem Fahrersitz beobachtet. Kennzeichen: Y 561 979. Gegen 20 Uhr tauchte ein Bundeswehr-VW-Bus vor der Abflughalle des Flughafens Tegel auf, der im Parkverbot auf mehrere Bundeswehrangehörige wartete. Kennzeichen: Y 629 972. Wie der Augenzeuge, ein 38jähriger Mann, der taz gegenüber sagte, habe er die in Zivil gekleideten Soldaten angesprochen und ihnen gesagt, daß sie hier in West-Berlin nichts zu suchen hätten. »Sind Sie da so sicher?« habe die einsilbige Antwort der Militärs gelautet.

Ebenso kurz angebunden äußerte sich gestern auch das Bundesverteidigungsministerium zur statuswidrigen Anwesenheit von Bundeswehrfahrzeugen in der Stadt. Ihm sei davon nichts bekannt, meinte Hardthöhen-Sprecher Salis: »Ich kann das nur zur Kenntnis nehmen.« Von möglichen Ausnahmeanträgen des Verteidigungsministerium an die Alliierten sei ihm ebenfalls nichts zu Ohren gekommen. Auch die Alliierten mochten sich gestern gegenüber der taz nicht zu den Bundeswehrfahrzeugen äußern. Die Französische Militärmission, die momentan turnusmäßig die Öffentlichkeitsarbeit erledigt, ließ nur professionell vertrösten. Senatssprecher Müller war über die Bundeswehrfahrzeuge nichts Näheres bekannt, meinte aber: »Meines Wissens ist der entmilitarisierte Status Groß-Berlins bislang nicht aufgehoben.«

Weitere Beobachtungen bitte an die »Kampagne gegen die Wehrpflicht«, Tel.: 8621331 kotte