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US-Army im geordneten Rückzug

■ Amerikanischer Verteidigungsminister Cheney will weit über 100 militärische Einrichtungen im Ausland schließen/ In der BRD werden vor allem Bayern und Baden-Württemberg entlastet

Die USA wollen 150 ihrer militärischen Einrichtungen im Ausland — davon allein 108 in der Bundesrepublik — entweder ganz schließen oder die dort stationierten Streitkräfte reduzieren. Das gab US-Verteidigungsminister Richard Cheney am Dienstagnachmittag in Washington bekannt. Zur Begründung führte er die Verringerung des Pentagonhaushalts sowie die sinkende Gesamtzahl der US-Soldaten an.

Diese Pläne sind das Ergebnis einer im Januar von Cheney in Auftrag gegebenen Untersuchung über den US-Bedarf an militärischer Auslandspräsenz in einer veränderten Welt und angesichts immer knapper werdender Finanzreserven. Die vom Pentagonchef vorgelegte Liste enthält allerdings nur die Orte, an denen Schließungen und Reduzierungen vorgesehen sind.

Die 150 militärischen Einrichtungen — von der Unterkunft für GI-Familien bis zur Airbase — liegen an 44 Orten in zehn Ländern. Geschlossen werden sollen neben 94 Einrichtungen in der Bundesrepublik elf in Spanien, neun in Südkorea, jeweils drei in Griechenland, Italien, Großbritannien und Australien sowie eine in Japan. Streitkräfte und militärische Operationen (Manöver etc.) sollen an 14 Stellen in der Bundesrepublik, drei in Südkorea, zwei in Spanien und je einer in Italien, Japan, Kanada und Bermuda verringert werden. Laut Cheney soll mit einigen der Schließungs- bzw. Reduzierungsmaßnahmen bereits im Haushaltsjahr 1991, mit dem Rest in den folgenden Jahren begonnen werden. Für ihren Abschluß wurde kein Zeitpunkt bekanntgegeben.

Für die Bundesrepublik sind die spürbarsten Entlastungen in Bayern und Baden-Württemberg vorgesehen. Die US-Militärpräsenz in Bad Tölz, Neu Ulm, Stuttgart, Würzburg, Mannheim, Ansbach, Augsburg, Bamberg, Nürnberg, München, Aschaffenburg, Heilbronn und Karlsruhe soll ganz oder teilweise beendet werden. Weit weniger Orte profitieren in Hessen und Rheinland—Pfalz: Frankfurt, Gießen, Hanau, Darmstadt, Mainz und Pirmasens.

In einer Reihe von bisherigen Standorten sollen zwar die Unterkünfte verschwinden, nicht aber die Truppenübungsplätze. Möglicherweise sollen auch künftig im Rahmen von „Reforger“ oder anderer Großübungen US-Soldaten für begrenzte Zeit nach Deutschland verlegt werden. In längst nicht allen Fällen bedeutet die vollständige Schließung eines Militärstandortes auch den Abzug von Soldaten und Waffensystemen. So sollen z.B. die bisher auf der Wiesbadener Lindsey-Airbase sowie in Würzburg, Sembach und Bad Kreuznach stationierten Einheiten für die elektronische Aufklärung und Kriegsführung nach der vorgesehen Schließung dieser Standorte nicht abgezogen, sondern in den US- Annex der derzeit im Bau befindlichen unterirdischen Nato-Kommandozentrale Gosberg in der Nähe des Cruise Missiles-Stationierungsortes Hasselbach im Hunsrück verlegt werden. Für die derzeit in Bad Tölz stationierten Spezialtruppen („special forces“ für psychologische Kriegsführung etc.) erwägt das Pentagon die Verlagerung nach Karlsruhe. Andreas Zumach

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