Zoff zwischen Linker Liste und DKP

■ Vorstandsmitglied der „Linken Liste/PDS“ wirft DKP-Sprecherin „Betrug“ und „Unverschämtheit“ vor/ Stimmkarte für den Gründungskongreß „erschlichen“/ DKP: „bösartige Gerüchte“

Düsseldorf (taz) — Wenige Tage vor der ersten nordrhein-westfälischen Landesversammlung der „Linken Liste/PDS“ am Samstag in Dortmund, ist ein heftiger Streit zwischen dem Initiativkreis und der DKP entbrannt. Detlev Pracht, Landesbeauftragter der Liste und zugleich einer der Bundessprecher, wirft der DKP vor, mit „stalinistischen Methoden“ in das Bündnis zu drängen. So habe sich die DKP-Vorstandssprecherin Helga Rosenberg für den Gründungskongreß der „Linken Liste/PDS“ am vergangenen Wochenende in Berlin ohne jede Legitimation „eine Stimmkarte erschlichen“. Pracht wörtlich: „Das ist ein klarer Betrug und zeigt, daß die DKP nicht bereit ist, von ihrer stalinistischen Praxis zu lassen“. An das Auswahlverfahren der stimmberechtigten Delegierten hat sich Frau Rosenberg in der Tat nicht gehalten. Um ein „faires Verfahren“ (Pracht) sicherzustellen, wurden von der Bonner Parteizentrale nur die Personen mit Einladungskarten bedacht, die die jeweiligen Ortsgruppen zuvor als ihre Vertreter nach Bonn gemeldet hatten. Nur wer eine dieser numerierten Einladungskarten in Berlin vorweisen konnte, erhielt unmittelbar vor Kongreßbeginn eine Stimmkarte. Rosenberg fuhr — nachdem sie sich vergeblich um eine Einladungskarte in Bonn bemüht hatte — ohne Delegiertenstatus nach Berlin. Sie wirft Pracht gleichwohl vor, „bösartige Gerüchte“ zu verbreiten. Tatsächlich habe sie sich mittels eines Rundrufes der Unterstützung des Dortmunder Initiativkreises vergewissert. In Berlin sei ihr dann im Foyer der Versammlungshalle eine Einladungskarte gegeben worden. Von wem, daran kann sie sich nicht mehr erinnern. Mit der Einladung habe sie sich dann eine Stimmkarte besorgt. Was Pracht verbreite, sei „eine Unverschämtheit“. Nachfragen der taz im Dortmunder Initiativkreis bestätigen dagegen Prachts Version. Die DKP-Vorstandssprecherin habe dem Dortmunder Gründungskreis „überhaupt nicht angehört. Sie war in keiner Weise legitimiert“, sagte Horst Dieter Koch, der einzige über den normalen Weg nominierte Dortmunder Listenvertreter, am Mittwoch der taz. Im Bonner Büro der Liste wird vermutet, daß ein DKP-U-Boot der Spitzengenossin die Einladung einfach überlassen hat. Die DKP habe in verschiedenen örtlichen Initiativen versucht, die Mehrheit zu gewinnen. In einigen Fällen offenbar mit Erfolg. Diese Strategie gefährde das gesamte Projekt, fürchtet Pracht. Das sei in „ganz klar gewollter Abgrenzung zur DKP entstanden“. Doch die DKP will unbedingt mitmachen. Nachdem DKP- Vorstandssprecher Heinz Stehr die Aufnahme im bundesweiten Initiativkreis versagt blieb, versuchte man es auf Landes- und Ortsebene. In mehreren Bundesländern schaffte es die Partei nach übereinstimmender Aussage von Rosenberg und Pracht auch, ihre Vertreter im engeren Führungskreis der Wahlpartei zu plazieren. Dabei waren die West-Initiativen gerade auf die Konstruktion des Personenbündnisses verfallen — übrigens in enger Absprache mit der PDS-Führung — um die weiterhin von den alten Betonköpfen dominierte DKP und andere Organisationen auszubremsen. DKP-Vorstandssprecherin Rosenberg, malt dagegen ein ganz anderes Bild. Die DKP unterhalte „auf Vorstandsebene sehr gute Beziehungenden zur PDS“ und sie habe den „Eindruck“, daß die Ausgrenzung der DKP „mit der PDS nicht zu machen ist“. Vielmehr würden die „Querelen“ um die Linke Liste/PDS dort „sehr bedauert“. Walter Jacobs