Hausbesetzer mahnen den Magistrat

■ Regierung der Halbstadt soll endlich ernsthaft verhandeln

Mitte. Am Eingang des Roten Rathauses wirbt ein Aufsteller für eine Ausstellung: Wege aus der Arbeitslosigkeit — mit Beispielen typischer ABM-Projekte. Doch die Neugier der Vorbeikommenden richtet sich nicht auf die von der Hamburger Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales aufgebauten Bilderschau. Direkt vor dem Eingang des Backsteingebäudes steht ein Tisch, um ihn herum Vertreter des »Vertragsgremiums Besetzte Häuser«. Das Gremium hält dort eine Mahnwache ab aus Protest »gegen die offensichtliche Verschleppungstaktik des Magistrats«. Gestern luden die BesetzerInnen zu einer Pressekonferenz vor das Rathaus. Dort erklärten sie noch einmal ihr Unverständnis mit den Verhandlungspraktiken der Ostberliner Stadtregierung.

»Immer wieder werden uns Dinge versprochen«, so eine Besetzerin, »die dann hinterher wieder zurückgenommen werden.« So habe man zum Beispiel die Forderung des Magistrats erfüllt, zur Winterfestmachung Reparaturlisten zu erstellen — mit dem Ergebnis, daß die versprochenen Mittel für die dringend erforderlichen Arbeiten wieder an neue Bedingungen geknüpft wurden. Mehrere Vertragsentwürfe habe das Besetzergremium dem Magistrat bisher vorgelegt — das Ergebnis blieb bisher immer gleich Null. »Offensichtlich«, so eine Besetzerin, »hat im Magistrat niemand mehr ein Interesse daran, noch eine für alle akzeptable Lösung zu finden.« Auch wehre man sich gegen die Forderung, alle nach dem 24. Juli 1990 besetzten Häuser wieder zu räumen und Neubesetzungen zu verhindern: »Bei der Neubesetzung von leerstehenden Häusern sind wir weder in der Lage noch willens, eine Art Szenepolizei zu spielen. Hier scheinen die Magistratsverteter unseren Einfluß absichtlich ein wenig zu überschätzen.«

Die BesetzerInnen wollen die Mahnwache noch bis zum Samstag fortführen. Olaf Kampmann