Gute Chancen für das Embargo gegen den Irak

■ Gary Hufbauer, Sanktionsexperte am „Institute for International Economics“, gibt dem Embargo eine große Chance I N T E R V I E W

taz: Werden die Sanktionen gegenüber dem Irak durch das jetzt vom UNO-Sicherheitsrat angekündigte Luftembargo nachhaltig verbessert werden, oder handelt es sich hierbei eher um einen symbolischen Akt?

Hufbauer: Ich halte dieses Luftembargo für durchaus signifikant, weil der Weg des Lufttransports sonst für die nicht allzu großen aber sehr wichtigen Ersatzteile für elektrische Anlagen und Telekommunikation gewählt worden wäre. Es sind Treibstoffe, die im Falle des Irak ja keine Rolle spielen, und Lebensmittel, die sowieso über die Grenzen geschmuggelt werden dürften, die sich nur schwerlich in großen Mengen durch die Luft transportieren lassen.

In ihrer Studie von über 100 Fällen der Sanktionsverhängung seit 1914 sprechen sie von einer Erfolgsrate von 36 Prozent, und was den erzwungenen „Politikwandel“ angeht von sogar nur 18 Prozent. Wie schätzen Sie denn die Erfolgschancen im Falle dieses Embargos ein?

Unseren zugegebenermaßen etwas riskanten Schätzungen zufolge, glauben wir, daß dieses Embargo gegen den Irak eine größere Chance als 50:50 hat. Der Erfolg ist wahrscheinlicher, weil die internationale Zusammenarbeit bisher einmalig ist, weil die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die vereinte irakische und kuwaitische Ökonomie eine noch größere Wirkung haben wird als der vergangene Krieg, und weil das Netz eben so eng gezogen ist.

Wo erwarten Sie denn die Löcher des Embargos, und welche Rolle spielt in dieser Hinsicht der Iran für den Erfolg der Sanktionen?

Wir haben für unsere Schätzungen bereits angenommen, daß Lebensmittel die iranische Grenze überschreiten werden und daß auch Öl auf eine Weise in die andere Richtung hinausgehen wird, die nur schwer zu beweisen sein wird. Z. B. kann der Iran irakisches Öl verbrauchen und seine eigenen Exporte vergrößern, um angeblich den Nachschubmangel der Welt auszugleichen.

Würde das den Sanktionen nicht die Wirkung nehmen?

Wir glauben, daß die Sanktionen selbst in einem solchen Fall relativ erfolgreich bleiben werden. Es hat ja in der Geschichte nie ein 100prozentiges Embargo gegeben. Nur wenn der Iran für den Irak als Einkäufer und Kreditgeber auftreten würde — und letzteres kann man sich ja nur schwer vorstellen — könnten die Sanktionen wirklich effektiv unterlaufen werden.

Nehmen wir einmal für einen Augenblick eine friedliche Konfliktlösung an. Wie sehen Sie denn die Chancen für ein zukünftiges High-Tech-Embargo gegenüber dem Irak, um dessen chemische und nukleare Weiterrüstung zu verhindern.

Solange der Irak sich nicht aus Kuwait zurückzieht, wird eine bestimmte Form des Embargos noch viele Jahre weiterbestehen, auch ohne Aussichten auf eine geographische Veränderung am Golf. Längerfristig besteht da durchaus die Chance, auf diese Weise einen Regierungswechsel oder Politikwandel zu erreichen.

Betrachten wir die Golfkrise einmal als Modell Konflikt. Welche Mechanismen sähen Sie, durch eine internationale Institutionalisierung von Boykottmaßnahmen, dieses Instrument zu verbessern.

Rein technisch ist eine Verbesserung dieses Embargos kaum möglich. Das Beeindruckende war ja, wie schnell und umfassend diese Sanktionsmaßnahmen ergriffen worden sind. Eine Institutionalisierung kann ich mir hier nur schwer vorstellen. Aber es wird in den verschiedenen Ländern nun Verantwortliche geben, die nach diesem Erfolg wissen, was im nächsten Fall zu tun ist.

Ich hoffe, daß Sanktionen wie gegenüber dem Irak, die ja nur aufgrund der Bedrohung unseres Ölnachschubs ergriffen wurden, nun auch vielleicht auf ähnliche Diktatoren (denken Sie nur an Kambodscha, Äthiopien, Somalia) angewandt werden könnten, auch wenn diese nicht auf unserem Öl sitzen. Das Gespräch führte Rolf Paasch, Washingtoner Korrespondent der taz