Nicu Ceausescu lediglich wegen Anstiftung zum Mord verurteilt

Bukarest (taz) - Gestern verurteilte ein Militärtribunal in Bukarest den ältesten Sohn des Tyrannen Ceausescu, Nico Ceausescu, wegen „Anstiftung zum Mord in mehreren schwereren Fällen“ und Verstoß gegen das Waffengesetz zu einer 20jährigen Haftstrafe. Beide Tatbestände bezogen sich auf Nico Ceausescus Befehl an die Armee, während der Dezemberrevolution in Sibiu auf die Bevölkerung zu schießen. 97 Tote und 200 Verletzte waren damals in Sibiu zu beklagen gewesen. Das Gericht folgte ausdrücklich nicht der Anklage, die auf Völkermord gelautet und eine lebenslange Haftstrafe nach sich gezogen hätte.

Dem Urteil kommt eine Schlüsselstellung zu. Das Gericht berücksichtigte nicht die Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen der letzten Jahrzehnte, sondern stellte nur auf die Tage des Umsturzes ab. Regimekritische Blätter wie 'Romania Libera‘ und '22‘ befürchten nun, daß Prozesse gegen andere Hauptverantwortliche des alten Regimes im Sande verlaufen könnten.

Schon haben 23 ehemalige Mitglieder des Politbüros in einem aus dem Gefängnis geschmuggelten Memorandum ihre sofortige Freilassung gefordert. Gerade als sie selbst Ceausescu hätten stürzen wollen, seien ausländische Agenten eingesickert und hätten in Temesvar Unruhen angezettelt. Iliescu sei nur ein Usurpator, die Anklage gegen sie stelle eine Beleidigung des rumänischen Volkes dar. Roland Hofwiler