Bunte Hosen und Haare gefährden Parlament

■ Abgeordneter bittet mit Blick auf die „langen Hosen“ in der französischen Nationalversammlung um Nachsicht

Düsseldorf (taz) — Wenn Roland Appel, 36jähriger Landtagsabgeordneter der Grünen, zum Rednerpult des Düsseldorfer Landtags eilte, konnte er sich bisher der Aufmerksamkeit seiner KollegInnen gewiß sein. Bunte, hautenge Hosen in immer neuen Variationen, das schwarze Haar mit henna-roten und knall-blonden Strähnen kunstvoll verziert, so zog der Neuparlamentarier schnell alle Blicke auf sich. Doch was dem einen als wahre Augenweide im ansonsten tristen blau-grauen Einheitslook des Düsseldorfer Plenarsaals erschien, hinterließ bei anderen sorgenvolle Gesichter.

Immerhin, die Würde des Parlaments stand auf dem Spiel. Und so geschah es, daß das Präsidium des hohen Hauses Anlaß sah, die Bekleidungsgewohnheiten des Abgeordneten Appel zu erörtern. Zwar existiert keine regelrechte „Kleiderordnung“, doch ganz und gar vereinbar mit dem Ansehen des Parlaments schien die Art und Weise, wie der Abgeordnete Appel sich bisher zu kleiden beliebte, den Präsiden nicht. Es dauerte nicht lange und die Kunde erreichte den Delinquenten. Der setzte sich hin, spitzte den Bleistift und schüttete der Päsidentin Ingeborg Friebe (SPD) sein Herz aus. Da „auch ich meine, daß Politiker — gerade in Zeiten der Diäten- und Wahlkampfkostenerhöhungen — immer Anlaß sehen sollten, sich um das Ansehen des Hauses Sorgen zu machen, habe ich darüber gründlich nachgedacht“. Eine Anstrengung, die Appel bei der französischen Nationalversammlung von 1789 fündig werden ließ.

Damals, so schrieb der Jungparlamentarier seiner Präsidentin, sorgten die langen Hosen der Vertreter des gemeinen Volkes, von der Revolution ins Parlament gespült, für Aufsehen. Hosen, die „sich nachgerade zum Symbol revolutionär-aufklärerischer Kultur entwickelten“. Da er jedoch einsehe, daß „kulturelle Veränderungsprozesse auch vermittelt werden“ müßten, sei er bereit, bei seiner nächsten Rede Zugeständnisse zu machen. Gebannt warten wir in Düsseldorf nun auf diesen Tag, der bald kommen möge. J.S