DAS WORT ZUM MONTAG
: Gott liebt Dich - das ist alles

■ Sonntags in St. Jakobi: Der reale Kommunismus ist tot - das Evangelium lebt

Pastor Weißflog kennt seine Gemeinde. Als er gestern zum Auftakt seines Gottesdienstes ein ziemlich unbekanntes Lied anstimmen ließ, konnte von den ohnehin schon wenigen Kirchgängern kaum einer mit der klanggewaltigen Orgel mithalten. Nur ein klägliches Räuspern drang zu dem tonangebenden Pastor am Altar vor. Die Gemeinde schien irritiert. Weißflog also klärte auf: Daß dies ein Wunschlied eines Gemeindegliedes gewesen und daß andere es ihm doch nachtun mögen.

Überhaupt pflegte der Gottesdiener das direkte Gespräch mit seinen Schäfchen: „Julius und Julia, wenn euch die Unruhe so sehr packt, könnt ihr gerne nach draußen gehen.“ Mit drohendem Unterton klingt es, mit Blick auf's Konfirmandenbänkchen, von der Kanzel in St. Jakobi herab. Der Pastor scheint ungeduldig. Das Konfirmandenkichern stört ihn in seiner Konzentration. Denn er hat Großes sich vorgenommen: Einen Rundumschlag durch das Weltgefüge, verbunden mit einer Rückbesinnung auf den Ursprung der Menschheit aus religiöser Sicht.

Die Lesung aus dem 1. Buch Mose, 2. Kap., ließ dann auch die Erschaffung des Menschen vor uns auferstehen: Wie Gott der Herr den Menschen aus Erde vom Ackerboden bildete und ihm den Lebensodem in die Nase blies und wie Gott der Herr einen Garten in Eden gen Osten pflanzte und den Menschen, den er gebildet hatte, dareinsetzte und wie Gott der Herr dem Menschen eine Hilfe schuf, daß er nicht allein sei.

Der Pastor besteigt die Kanzel: Die marxistische Philosophie braucht Gott nicht, weiß er zu verkünden. Sie glaubt, alles kommt aus der Materie. Doch die Zeiten haben sich geändert: „Der reale Kommunismus ist tot.“ Stumm lauscht die Gemeinde seinen Worten.

Wie zur Bekehrung führt Weißflog noch einmal die wesentlichen Grundprinzipien ins Feld: Wenn irgendwo ein Mensch auf der Welt lebt, dann weil er 1. von Gott erschaffen wurde, weil er 2. von Gott versorgt wird, weil er 3. von Gott beauftragt ist und weil er 4. von ihm zur Gemeinschaft berufen wurde.

In einem Atemzug geißelt der Prediger dann Menschen, die abtreiben wollen (sie müßten Gott um Erlaubnis fragen), Menschen, die sinnlose Kriege führen, und er appelliert gleichzeitig an das Verantwortungsgefühl der Erbauer von Atomanlagen und Giftgasschleudern: „Wir Menschen sind nur Mandatsträger“ betonte Weißflog, und damit alles zu einem guten Ende findet, erinnert er an das Leben in Gemeinschaft, in Ehe, Familie, Gemeinde — mit den anderen „Abbildern Gottes“ eben. Und über alledem ist die schützende Liebe Gottes, die man nie vergessen dürfe: „Gott liebt Dich — das ist das ganze Evangelium.“ Birgitt Rambalski