Himmelsstürmer über dem Hoppegarten

■ Über 50.000 Besucher kamen zum 7. Internationalen Drachenfestival/ Drachen, geformt wie Riesenquallen oder Schloßgespenster, stiegen über der Galopprennbahn hoch/ »Plakate über Berlin« auf japanischen Kampfdrachen

Hoppegarten. Wer sich am Wochenende mit der U- und S-Bahn in Richtung östlichen Berliner Stadtrand auf den Weg gemacht hatte, merkte es schon bei Zeiten. Lärmende Scharen, mit Fotoapparaten bewaffnet, drängelten sich in den Bahnen nach Hoppegarten. Wer mit dem Auto beispielsweise aus West-Berlin kam, wurde allerdings mit Stau in der Innenstadt bestraft. Das auf dem Gelände der Ostberliner Galopprennbahn veranstaltete 7. Internationale Drachenfestival zog die Schaulustigen an wie ein Magnet. Bereits am Sonnabend rechnete man nach vorsichtigen Schätzungen mit über 50.000 Besuchern. Das Wetter hatte sich an beiden Tagen gnädig gezeigt und so waren ganze Familien mit Kind und Kegel angereist, neben der Marschverpflegung auch den eigenen Drachen im Gepäck.

Kinder, die ohne Drachen gekommen waren, hatten ihre Eltern spätestens nach einer viertel Stunde zum Kauf eines bunten Himmelsstürmers überredet. An den vorsorglich gleich neben dem Eingang aufgestellten Ständen gab es reichlich Auswahl. Für einfache Ansprüche — ein Drachen komplett mit Schnur und Schwanz 6,- DM. Organisatoren des Spektakels waren die Ost- und Westberliner Drachenclubs sowie der Drachenladen aus Schöneberg »Vom Winde verweht«. Zwei DM nur kostete der Eintritt; das und die von den Veranstaltern organisierten zusätzlichen Vergnügen, wie Ballon- und Bumerangfliegen, Frisbeewerfen, Skateboard und BMX fahren, ließen das Spektakel zu einem Volksfest werden.

Die zum Wettkampf um den Berlin-Pokal angetretenen dreihundert Starter aus sechzehn Ländern und vier Kontinenten, fühlten sich vom Volksgetümmel indes kaum stören. Die »Drachenszene«, mit wärmendem Schlafsack und windschützenden Zelten ausgerüstet, schickte gelassen ihre zum Teil exotischen Konstruktionen in den Himmel. Riesenquallen, Röhren, Raupen, Katzenköpfe, Fliegen, Würmer, Schloßgespenster und Unterleiber schwebten in luftigen Höhen und bewiesen, daß ein Drachen nicht einfach nur ein mit buntem Butterbrotpapier bespanntes Holzgestell ist. Die Formenvielfalt war enorm und der rasante Flug von laut lärmenden Lenkdrachen ließ bereits vor Beginn der offenen Team- Lenkdrachen-Meisterschaften vermuten, daß es dabei um mehr geht, als nur einen Drachen steigen zu lassen.

Ohne prominente Berliner Schirmherren und einer zusätzlichen Aktion zum Thema Berlin kam natürlich auch das Drachenfest nicht aus. Die Bürgermeister beider Stadthälften wünschten zumindest im Programmheft guten Wind und begrüßten eine weitere auf das Berlin-Thema bezogene Idee. Die Passoa-Initiative hatte unter dem Motto »Plakate über Berlin«, in dem das Berliner Zeitgeschehen dargestellt werden sollte, einen Wettbewerb an den Berliner Kunsthochschulen ausgeschrieben. Die elf besten Entwürfe wurden auf japanische Rokkaku- Kampfdrachen übertragen und wurden erstmalig in Hoppegarten in Aktion gezeigt. Petra Markstein