Was ist dasfür ein "Vater"?

■ betr.: "Päpstliche Peinlichkeiten in Afrika", taz vom 10.9.90

betr.: „Päpstliche Peinlichkeiten in Afrika“, taz vom 10.9.90

Man fragt sich, was ist das für ein „Vater“, der

1.„christliche“ Familienplanung predigt und Kondome verbannt,

2.mit der Ablehnung von Kondomen die Infizierung der Hälfte der afrikanischen Bevölkerung in Kauf nimmt,

3.mit Genugtuung die größte Kirche der Welt als Geschenk entgegennimmt, eine Kirche, die skrupellos mit 200 Millionen Dollar Blut- und Schweißgeld der Ärmsten Afrikas bezahlt wurde, und

4.ernsthaft von den „menschlichen und natürlichen Ressourcen“ Afrikas spricht.

Offensichtlich hat dieses Denken in merkantilen, das heißt der katholischen Kirche verfügbar zu machenden Werten aber feste Tradition:

Bereits zwei Jahre nach der Entdeckung Amerikas hatte im Jahr 1494 Papst Alexander VI. den Vertrag von Tordesillas mit Portugal und Spanien abgeschlossen und in der „Bulla della Concession“ die bereits entdeckten und die noch zu entdeckenden Länder außerhalb Europas unter Spanien und Portugal verteilt, mit dem Längengrad als Grenze, der 370 britische Seemeilen westlich von Kap Verde verläuft.

Papst Alexander hatte auch den Auftrag gegeben, die Bevölkerung dieser Länder zum christlichen Glauben zu konvertieren, ohne Ausnahme. Widerständler hatten versklavt beziehungsweise zu Leibeigenen gemacht zu werden.

Nach diesem Vertrag von Tordesillas machten die Conquistadores gemeinsam mit den Missionaren (vergleiche auch die Berichte Alexander von Humboldts aus Südamerika) und Inquisitoren die grausamsten Raubzüge, Plünderungen, Folterungen und Massaker in den entdeckten Ländern... „la Mission Sacrée“ (Heilige Mission).

Warum eigentlich wird dieser Vertrag von Tordesillas so beharrlich totgeschwiegen, ein Vertrag, der noch größere und traurigere Konsequenzen für die außereuropäischen Kulturen hatte als das Aufhetzen zum Heiligen Krieg von Papst Urban II. in Clermont im Jahre 1095. Warum ist kaum davon die Rede, daß der heutige Status quo der Dritten Welt und das traurige Schicksal der Reste der Urbevölkerungen in Amerika, Australien, Neuseeland und anderswo in kausalem, historischem Zusammenhang mit dem Vertrag von Tordesillas stehen?

Die seit 500 Jahren andauernde systematische Vernichtung der kulturellen Identitäten vieler außereuropäischer Völker mitsamt ihrer unersetzlichen sakralen Kunstgegenstände, mit nicht minderem Wert als der europäischen Pieta Michelangelos, geht auf die „Mission Sacrée“ zurück.

Als Johannes Paul II. im ostafrikanischen Tansania von „Armut und Kapitalismus“ sprach, „erntete er überwiegend Beifall“. Wie auch nicht? Die einen verstehen nur zu gut die Art und Weise, diesen Kapitalismus „christlich“-moralisch zu unterstützen und am Leben zu erhalten, die anderen nur die Art und Weise, dafür ihr ärmliches Leben zu lassen. Fragt sich noch wer wofür? Eva König, Tan Keng Djan,

Bremen