Rundfunk im amerikanischen Sektor

■ Startplatz für großdeutsche Medienzukunft besetzt: RIAS-Frühstücksfernsehen soll ab 3. Oktober im gesamten Bundesgebiet ausgestrahlt werden

Das vom Bund finanzierte RIAS- Frühstücksfernsehen soll vom 3.Oktober bis zum 7.Dezember versuchsweise im gesamten Bundesgebiet ausgestrahlt werden. ARD und ZDF übernehmen vor ihrem gemeinsamen Vormittagsprogramm RIASTV montags bis freitags von sechs bis neun Uhr. Mit diesem Schritt legalisieren ARD und ZDF letztlich die bundesweite Ausstrahlung eines Senders, der — aufgrund seiner Finanzierung und der mangelnden gesellschaftlichen Kontrolle — als nicht verfassungskonform kritisiert wurde.

Der in West-Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg als US-Sender gegründete RIAS bezieht bis heute über 90 Prozent seiner Einnahmen aus dem Bundesetat des Ministeriums für innerdeutsche Beziehungen. In diesem Jahr waren im Haushaltsplan für den Hörfunk 85 Millionen und für das Fernsehen über 80 Millionen Mark vorgesehen.

Bereits bei der Installierung des Fernsehprogramms Ende 1986 in Berlin gab es massive Kritik und die Befürchtung, daß mit RIAS-TV im Falle einer bundesweiten Ausstrahlung ein von Bonn abhängiges Regierungsfernsehen ermöglicht würde. So stellte der Kölner Jurist Lutz Tillmanns 1987 fest: „Die Rolle, die die Bundesregierung bei den Planungen für ein RIAS-TV spielt, läßt den Verdacht eines ,Regierungssenders‘ entstehen“, da die Konstruktion nicht der bundesdeutschen Rundfunkverfassung der Bundesrepublik entspreche.

Die SPD überlegte gar eine Verfassungsklage und die Grünen forderten zum gemeinsamen Gang nach Karlsruhe auf. Diesen Gang wollte die SPD aber dann doch nicht antreten.

Im Januar dieses Jahres diskutierte Pläne, RIAS-TV bundesweit auszustrahlen, veranlaßten den rot- grünen Senat an der Spree zum Protest, man könne es nicht billigen, daß „unter Ausnutzung des Status von Berlin“ eine „dritte Bundesrundfunkanstalt“ eingerichtet werde.

RIAS-Intendant Helmut Drück reagierte geschickt auf die Kritik, indem er im Februar vorschlug, den RIAS-Hörfunk und das Fernsehprogramm im Bundesgebiet als Fenster von ARD und ZDF auszustrahlen. Dieser Idee folgten die Öffentlich- Rechtlichen, da beide an der Übernahme des RIAS interessiert sind. Denn es ist klar, daß ARD und ZDF derzeit versuchen, im Hinblick auf die großdeutsche Medienzukunft, sich die besten Startplätze zu sichern.

Das ZDF will mit dem RIAS-Hörfunk endlich bundesweit auch im Radio präsent sein und vom Hörfunk- Werbekuchen etwas abhaben.

Die ARD befürchtet, langfristig gegen das gesamtdeutsche ZDF- Fernsehen und Radio nicht anzukommen, schon jetzt sind die Werbezeiten nicht mehr ausgebucht. Verfassungsrechtliche Bedenken kamen bei dem Gerangel gar nicht erst auf oder wurden durch den Hinweis beruhigt, daß das RIAS-TV-Programm ja unter der Programmverantwortung von ARD und ZDF ausgestrahlt werde. Außerdem erlaube das Verfassungsgericht bei begrenzten Versuchen Ausnahmen.

Daß Versuche in der Realität nicht rückholbar sind, haben die Kabelpilotprojekte bewiesen — aber das kümmert niemanden!

Ob und wie sich die USA aus dem RIAS nach den Zwei-plus-vier-Verträgen zurückziehen werden ist noch unklar. Noch am 14.Juni jedenfalls machte der derzeitige Chairman des RIAS, Van S. Wunder, deutlich, daß die US-Regierung über die Zukunft des Senders „sehr klare Vorstellungen“ habe. Dazu gehöre der Erhalt der Organisationseinheit und die Fortführung des bestehenden Programms.

Der US-Regierung ist dabei wichtig, „daß im RIAS auch in Zukunft in angemessenem Umfang Beiträge über die USA, die Einheit Deutschlands und die Integration Europas sowie das Verhältnis zwischen Nord- Amerika und Europa [...] zu hören sein wird“. Philippe Ressing