„Ich würde viel lieber Irakis töten“

■ Kuwait bei den Asienspielen: Ein Text der Agentur 'dpa‘ als makabres Beispiel für Verhältnis Sport und Politik

Peking (dpa) — Nirgends ist Kuwait im Augenblick präsenter als in Peking. Es manifestierte sich beim umjubelten Einmarsch in das Arbeiterstadion zur Eröffnung der Asienspiele. Es spielte sich in das Bewußtsein von 15.000 Zuschauern im Fengtai-Stadion beim 2:1-Sieg seiner Fußballer über die Mannschaft von Hongkong. Kuwait ist in Peking überall gegenwärtig, wo seine 63 Sportler und ihr kleiner Anhang auftauchen — durch das Schwenken grün-weiß-rot-schwarzer Fähnchen, dem Singen von Kampfliedern und dem Zeigen von Postern, auf denen der Emir abgebildet ist.

„Ich wäre jetzt viel lieber in Kuwait, um Irakis zu töten“, sagt Eid al Zayedi, der Manager des kuwaitischen Teams bei den Asienspielen. „Die meisten unserer Männer würden dies viel lieber tun. Doch wir alle haben hier eine Pflicht. Wir müssen allen zeigen, daß es Kuwait noch gibt.“

Fußball-Torwart Samear Said drückt es so aus: „Wir sind hier, um unsere Fahne hochzuhalten.“ Die Asienspiele sind für ihn und seine Kameraden zu einer Art Überlebenstraining geworden.

Als der Irak am 2. August Kuwait überfiel und zur „19. Provinz“ Bagdads machte, bereiteten sich die Nationalmannschaften im Fußball, Leichtathletik, Schwimmen, Judo und Tischtennis gerade im Ausland auf die Asienspiele vor. „Das war unser Glück und unser Pech zugleich“, meint der Tischtennisspieler Sabri Abdulla Ali. „Wir konnten unsere Familien nicht schützen, aber wir sind nun in der Lage, hier etwas für unser Land zu tun.“

Acht der Fußball-Nationalspieler hielt es nicht länger in Frankreich. „Sie gingen auf dem schnellsten Weg zurück nach Kuwait zu ihren Familien. Seitdem haben wir nichts mehr gehört, vielleicht sind sie von den Irakis umgebracht worden“, so Fußball-Manager Assed Taqi. Gleichzeitig mit der Nationalmannschaft trainierte Kuwait-Meister Al Arab in Wiesbaden. Auswahl-Coach Mohamed Kharam überredete einige der Klubspieler, mit nach Peking zu kommen. „Mit unserer besten Mannschaft hätten wir hier gewonnen“, meint Kharam, „aber das ist jetzt nicht mehr so wichtig.“

Mit nach Peking brachten die Kuwaitis die ungewöhnlichste Broschüre, mit der je eine Mannschaft bei einer internationalen Sportveranstaltung vorgestellt wurde. Auf 12 Seiten werden Bilder von Blut und Tränen gezeigt, aufgenommen während der irakischen Aggression. Schon kurz nach der Ankunft „haben wir unseren ersten Sieg feiern können“, berichtet Almad Yuuf Al Sabad, ein aus dem Londoner Exil nach Peking herbeigeeilter Cousin des Emir. Da nämlich war der Irak von den Asienspielen ausgeschlossen worden.

„Ich habe nichts gegen die irakischen Fußballer“, sagt Assed Taqi, „als der Irak mit dem Iran Krieg führte, waren sie dauernd bei uns in Kuwait, weil sie in Bagdad nicht spielen durften. Wir haben sie gut aufgenommen. Als letzte Vorbereitung auf die Asienspiele war ein Länderspiel in Bagdad geplant.“

Aus und vorbei, und noch viel mehr. Nach den Peking-Spielen werden sie alle nach Saudi-Arabien fliegen, um ihren Familien in der besetzten Heimat möglichst nahe zu sein, „und jeder von uns hat Rachegedanken“, so der Rechtsverteidiger Adel Chelaifi.

Doch er ist sich ganz gewiß: „Kuwait besteht fort. Es wird immer bestehen. Niemand wird daran etwas ändern können.“