: Bremen will sich eine „Havenstadt“ bauen
■ Neuer Staddteil geplant / Europahafen wird zugeschüttet / 2.500 attraktive Wohnungen am Wasser
Bremens ältestes Hafenbecken, der Europahafen, bietet in naher Zukunft möglicherweise die Fläche für einen neuen Stadtteil. Nach einem Konzept von Hafensenator Konrad Kunick soll das wirtschaftlich unrentable Hafenbecken zugeschüttet werden. Auf der freiwerdenden Fläche sollen dann, so plant Eva-Maria Lemke- Schulte, Senatorin für Stadtentwicklung, 2.500 Wohnungen gebaut werden.
Mit diesen Planungen beschäftigte sich gestern der Bremer Senat. Über die Entwürfe aus den beiden Senatsressorts ist noch nicht entschieden worden. Der Senat will aber eine Entwicklungsgesellschaft gründen, die die weitere Konzeption vorantreiben soll.
Die Pläne des Hafensenators, das alte Hafenbecken zu schließen, folgt einer einfachen Rentabilitätsrechnung. „Unsere erste Aufgabe ist der Ausbau der Containerkaje in Bremerhaven und im Neustädter Hafen“, erläuterte Kunick gestern sein Hafenstrukturkonzept. Dem Ausbau der Containeranlagen (in Bremerhaven allein Kosten von 600 Millionen Mark) müßten auf der anderen Seite Einsparungen gegenüberstehen: die Betriebskosten für den Europahafen. „Wenn wir das Becken nicht mehr instand halten müssen, sparen wir jährlich 2,5 Millionen Mark“, rechnete Kunick vor. Die Kapazität des alten Beckens könnte von den neuen Anlagen übernommen werden.
Die freiwerdende Fläche hat sich die Senatorin für Umweltschutz und Stadtentwicklung gesichert. Wenn es nach ihr geht, sollen hier 2.500 Wohnungen von den 16.000 gebaut werden, die der Senat bis zum Jahr 2000 auf die Beine stellen will. „Wir wollen hier keine Gewerbebetriebe verdrängen“, erklärte Lemke- Schulte. Die Leitidee für eine künftige Bebauung bilde eine Verbindung von ansässigem Gewerbe mit neuen Wohnungen. Die Entwicklungsgesellschaft solle auch die Interessen des Baugewerbes berücksichtigen.
Die künftige Bremer „Havenstadt“ könnte ein eigenwilliges Stück Wohnkultur werden. Auf den etwa 70 Hektar Land, die jetzt noch Europahafen sind, stünden dann ganz unterschiedliche Häuser in attraktivem Wohnumfeld. „Denken Sie an London, da gibt es sowas schon“, schwärmte die Senatorin von ihrer Deputationsreise im letzten Jahr.
Mit dem Konzept der „integrierten Flächenplanung“ hat der Wirtschaftssenator das Rennen um die begehrte, zentrale Fläche verloren. Bis Ende Oktober soll es zwischen den Ressorts Häfen, Stadtentwicklung und Wirtschaft zur „Feinabstimmung“ über die Flächenplanung kommen. Bis der Wohnungsbau konkret wird, muß allerdings „noch viel Gehirnschmalz en detail fließen“ (Kunick).
Über die möglichen Kosten einer Bebauung wollten weder Eva- Maria Lemke-Schulte noch Konrad Kunick Auskunft geben. „Meine Aufgabe ist nicht, riesige Investitionen zu verteilen, sondern dafür zu sorgen, daß Bremens Häfen für die Zukunft gerüstet sind“, erklärte Kunick. Seine Angst: Die Umschlagkapazität des Europahafens könnte durch die neuen Handelsbeziehungen nach Osteuropa plötzlich wieder benötigt werden. Für den neuen Stadtteil gibt es auch schon einen Namen: Havenstadt. „Aber bitte mit 'v', denn der Hafen wird ja nicht mehr benutzt“, erklärte Kunick. mad
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