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Polens löchriges Bankennetz ist noch fest in Staatshand

Trotzdem die Vorschriften für Joint-ventures im Bankenbereich vorteilhafter sind als in anderen Branchen, halten sich ausländische Investoren zurück  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

Die Breslauer West-Bank war die erste, die auf den Einfall kam: Sie trat im Mai dieses Jahres mit dem Angebot an die Öffentlichkeit, von Gläubigern polnischer Betriebe deren Forderungen aufzukaufen und selbst einzutreiben. Die Idee sollte jene „Schuldenstaus“ abbauen, die dadurch entstehen, daß sich Schuldner und Gläubiger, die jeweils über Dritte aneinander hängen, gegenseitig blockieren.

Der Versuch der Polnischen Nationalbank, diesen in die Milliarden Zloty gehenden Schuldenberg der polnischen Wirtschaft mit Hilfe günstig rediskontierbarer Wechsel aufzuheben, ging bisher ins Leere: Weniger als ein Prozent des Geldumlaufs wird durch Wechsel geregelt, stellte die 'Gazeta Bankowa‘ fest. Daß bei der West-Bank Verkaufsangebote eingingen, die die finanziellen Möglichkeiten der Bank gleich um das Dreifache überstiegen, zeigt zweierlei: Zum einen, daß Polens Fabrikdirektoren sich an das neue Wertpapier nicht gewöhnt haben und ihre Forderungen und Verbindlichkeiten lieber weiter unverzinst und auf die „kollegiale Art“ per Telefon gegeneinander verrechnen. Und zum zweiten, daß Polens Bankennetz immer noch zu löchrig ist, um den Bedürfnissen der Wirtschaft wirklich gerecht zu werden.

Eine Binsenweisheit, denn daß die Bankenreform von 1988/89, bei der neun regionale kommerzielle Banken aus der Nationalbank ausgegliedert wurden, daran wenig änderte, ist in Polen weitgehend unbestritten. Die so entstandenen Banken bleiben weiterhin fest in staatlicher Hand und können einander nur unzureichend Konkurrenz machen, weil sie über das ganze Land verstreut sind.

Und die Eröffnung von neuen Filialen gestaltet sich schwierig: Entsprechende Gebäude fehlen. Die wurden den Banken der Vorkriegszeit bei der großen Verstaatlichung weggenommen und anderen Betrieben, Genossenschaften und Institutionen übereignet, wobei die Eigentumsverhältnisse schon allein innerhalb des staatlichen Sektors so undurchsichtig sind, daß deren Klärung Jahre in Anspruch nehmen kann.

Vor diesem Problem stehen inzwischen bereits 19 Banken, von denen die meisten nach der Bankenreform gegründet wurden. Für Aufsehen hat in letzter Zeit vor allem die Warschauer „Bank für wirtschaftliche Initiativen“ (BIG-Bank) gesorgt, die sich aufgrund einer Stammkapitalerhöhung praktisch in eine Privatbank verwandelt hat. Zuvor war sie von der Versicherungsgesellschaft „Warta“, dem gerade selbst auf den Kapitalmarkt gegangenen Außenhandelsbetrieb „Universal“, der polnischen Post und 14 Privatpersonen gegründet worden.

Fast genau zwei Monate nach der BIG-Bank erhielt auch die „Kommunale Bank Bydgoszcz“ die Konzession der Nationalbank — auch sie ursprünglich in der Hauptsache von staatlichen Betrieben gegründet, hat aber inzwischen ihre Kapitalbasis durch Private aufgestockt.

Zurückhaltung kennzeichnet indessen noch das Verhalten ausländischer Investoren im Bankbereich, obwohl die polnischen Vorschriften in dieser Branche günstiger sind als für andere Joint-ventures. Während Joint-ventures bisher nur den durch Exporte gedeckten Gewinnanteil des ausländischen Anteilseigners transferieren durften — und ab 1991 auch 15 Prozent des Binnenanteils —, schreibt das neue Bankengesetz vom 28. Dezember 1989 ausdrücklich vor, daß der Vorsitzende der Nationalbank in seiner Konzessionsgenehmigung keinen Transferanteil unter 15 Prozent des erzielten Gewinns festschreiben darf.

Um ausländische Banken zu locken, macht Polen hier von seiner Grundregel, keinen Kapitalexport zuzulassen, eine Ausnahme. Bisher macht nur die „Bank Amerikanski“ in Warschau davon Gebrauch, sie hat allerdings ihre Schalter noch nicht geöffnet. Neben verschiedenen polnischen Genossenschaften, Betrieben und Privatpersonen hält an der Bank auch die „Polish-American Resource Corporation“ in New York Anteile.

Andere westliche Banken, wie die Dresdner und die Deutsche Bank, sondieren vor allem das Terrain, einen Schalterbetrieb führen sie nicht. Ihre Niederlassungen beschränken sich, wie auch die japanischer Banken, auf die Vermittlung von Kreditgeschäften im Ausland.

Diese Skepsis hat mehrere Gründe: Nicht nur geeignete Geschäftslokale fehlen, sondern auch polnischsprachige ausländische Bankfachleute einerseits und fremdsprachenkundige, im internationalen Bankenverkehr geübte polnische Fachkräfte andererseits.

Um diesem Mangel abzuhelfen, hat die Mehrzahl der staatlichen kommerziellen Banken zusammen mit der polnischen Nationalbank in Katowice ein Joint-venture mit dem französischen „Centre de Formation de la Profession Bancaire“ gegründet — eine Bankerschule für polnische Akademiker. Die Warschauer „Schule für Planung und Statistik“, die Kaderschmiede für Polens Planwirtschaftler, bot bisher nämlich nur Banklehrekurse als Fernstudium an. Nun soll Banklehre ab Oktober dieses Jahres auch in das normale Lehrprogramm aufgenommen werden.

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