Mega-Brötz mit Bremszug

■ “Improvisationen 5“: Joachim Zoepf & Cons. / Lungenstark, sanftfühlig

Knapp 20 Unentwegte hatten sich Dienstagabend in der Buchtstraße zum fünften Konzert der Reihe „Improvisationen“ eingefunden. Die ambitionierte Konzertreihe der MIB hat seit ihrem Beginn mit spärlicher Publikumsresonanz zu kämpfen. An den bisherigen Konzerten kann es nicht liegen, eher schon an der mangelnden Risikobereitschaft des Bremer Jazzpublikums.

Schlachtenlärm aus der Südkurve

Am Dienstag war der Saxophonist und Klarinettist Joachim Zoepf zu Gast. Den ersten Set bestritt der Kölner, ehemaliges Mitglied der Saxophon Mafia, solo. „Zum Gewöhnen“, wie er meinte, gab's das Stück Blueslike, in dem er, von einer wiederkehrenden, rhythmischen Bluesfloskel ausgehend, kurze Exkursionen auf dem Baritonsaxophon blies. Überhaupt: Zoepf ist fähig, sich zu beschränken. Seine Soli sind keine ausgedehnten Annäherungen an ein Thema, sondern kurz und kompakt, bestehen aus ein oder zwei Ideen, die und technisch souverän entwickelt werden.

Der musikalische Bogen spannte sich von der einfühlsamen Ballade für Rudi (Dutschke) auf dem Sopransaxophon, über eine Hommage an Eric Dolphy Don't forget Eric — stilgerecht auf der Baßklarinette geblasen — bis zum explosiven 40 Mega- brötz, einer lungenstarken Würdigung des deutschen Free-Pioniers Peter Brötzmann. Das schon vielseits gelobte Südkurve, in dem Zoepf die Atmosphäre in einem Fußballstadion mit seinen Schlachtrufgesängen und dem anfeuernden und bedauernden Gestöhne der Fans einfängt und gleichzeitig ironisiert, durfte natürlich nicht fehlen. Das Publikum war begeistert.

Im zweiten Set kamen die beiden Bremer Reinhard Schiemann (dr, voice) und Hainer Wörmann (g, voice) hinzu. Das Trio bot eine über weite Strecken mitreißende und spannende Kollektivimprovisation, mit expressiven ebenso wie mit verhaltenen Phasen, mit dichten und zentrifugalen Stimmungen. Wörmann bearbeitete seine Gitarre wie üblich mit allen möglichen Gegenständen (vom Einweckgummi bis zum Bremszug), interessiert an Sound und Geräuschen. Zoepf quiekte und quietschte, schlabberte oder ließ bei tonlosem Blasen die Klappen rhythmische Figuren schlagen. Während Schiemann in gewohnter Vielseitigkeit seine Toms und Becken bearbeitete und ideenreich Spannungsbögen und Übergänge ertrommelte.

Zum Schluß gabs dann noch eine offene Session, bei der die acht Beteiligten eine herrlich explosive, chaotische Klangcollage zusammenschoben.

Also, das nächste Mal will ich Euch alle sehen! Arnaud