»Insel des Überwinterns«

■ Europäische Brecht-Gesellschaft gründet sich

Berlin. Heute nachmittag wird in Mitte die »Europäische Brecht-Gesellschaft« (EBG) gegründet. Das 1978 — anläßlich des 80. Geburtstages von Bertolt Brecht — eingerichtete »Brecht-Zentrum« will international expandieren und zukünftig als »Literarisches Zentrum im Brecht-Haus« tätig sein. Zur Gründung eines Trägervereins sollen sich mehr als 70 internationale Gäste einstellen, die — so die Auskunft der Stellvertretenden Direktorin Inge Gellert — sogar auf eigene Kosten anreisen. Aus Liebe zu Brecht? Eine will auf jeden Fall heute nicht dabeisein: Barbara Schall-Brecht, Tochter des großen BB. Ihren Unmut über die Benutzung des Namens — »gegen meinen Wunsch und Willen« — brachte sie in zwei Briefen an das »Zentrum« zum Ausdruck. Laut Frau Schall- Brecht haben die Hauptinitiatoren der EBG »weder Kredit noch Leistung« vorzuweisen. Und weiter: Es gebe andere Leute, die sich um Brecht verdient gemacht hätten, statt an ihm zu verdienen.

Jenseits aller Zweifel verfolgen Mitarbeiter und Freunde des Hauses den Erhalt des Zentrums und der sieben Arbeitsplätze (jetzt noch 28). Man habe schon immer die Grenzen der Zensur strapaziert, heißt es nun. Im neuen Deutschland soll das europäisierte »Zentrum« eine »Insel des Überwinterns streitbarer Gedanken« sein. baep/jon