Bayerischer Dioxinweltrekord

■ Müllverbrennungsanlage inzwischen teilweise stillgelegt/ Meßwerte geheimgehalten

Ingolstadt (taz) — 400 Nanogramm Dioxin pro Kubikmeter Abluft wurden von der Ingolstädter Müllverbrennungsanlage ausgestoßen. „Das sind die höchsten Dioxinwerte, die mir bisher national und international untergekommen sind“, stellte der Kieler Uni-Professor und Toxikologe Otmar Wassermann fest, nachdem die Werte jetzt an die Öffentlichkeit drangen. Was den norddeutschen Experten erschreckte: Die gemessenen Werte der Ofenlinie I und II liegen bis zum 4.000fachen über dem von der Bundesregierung geplanten Grenzwert, der in den nächsten Tagen gelten soll.

Die alarmierenden Meßwerte stammen aus Messungen vom Frühjahr dieses Jahres. Bekannt wurden sie allerdings erst vor wenigen Tagen. Dies ist vor allem dem Ingolstädter CSU-Bürgermeister Peter Schnell zu verdanken. Denn er hielt die Werte nicht ohne Grund unter Verschluß. Schnell ist zugleich auch Vorsitzender des örtlichen Müllzweckverbands und wollte offensichtlich nicht zusätzlich Öl ins Feuer gießen; das inzwischen durchgeboxte Volksbegehren gegen die „schwarze“ Müllpolitik war nämlich zu jener Zeit in Bayern gerade dabei, immer populärer zu werden. Skandalös auch, daß dies die ersten Messungen nach über zwölf Jahren waren. Bereits seit 1977 sind die beiden Ofenlinien I und II jedoch, ohne Filteranlagen, in Betrieb. Klammheimlich wurden sie nach diesen alarmierenden Messungen abgeschaltet. Im August dieses Jahres versuchten die Pyromanen es noch einmal in der Hoffnung, die damaligen Werte seien ein Irrtum gewesen. Ebenso hofften sie Werte zu erhalten, die auch vorzeigbar wären. Die beiden Monsteröfen wurden noch einmal angeschaltet. Tatsächlich waren die Werte niedriger. Der Zeitpunkt war geschickt gewählt. Denn im August hatten die beiden örtlichen Hauptlieferanten für Industriemüll, nämlich die Audi-Werke sowie die Firma Schubert&Salzer, Betriebsferien. Trotzdem lagen die Werte immer noch über dem 1.000fachen des demnächst vorgeschriebenen Grenzwerts. Aber auch die Ofenlinie III, die ja immer weiterlief und auch derzeit noch betrieben wird, machte den Betreibern keine Freude. Ihr Dioxinausstoß überschritt mit 6,4 Nanogramm pro Kubikmeter Abluft den geplanten Grenzwert um das 16fache. lui