: „Eher ein Grün-Liberal-Radikaler“
■ Axel Adamietz will mit der FDP in die Bürgerschaft / „Das kleinste Übel“
Axel Adamietz (42), Sohn des Pressesprechers der SPD-Bürgermeister Kaisen, Dehnkamp und Koschnick, Mitgründer und von 1979 bis 1983 Bürgerschafts- Abgeordneter der Bremer Grünen Liste (BGL), will jetzt in die FDP eintreten. Nachdem die BGL 1983 an der Fünf-Prozent- Klausel scheiterte und ihren Platz den Grünen räumen mußte, trat Adamietz vor allem als Anwalt der Kläger gegen eine Flughafenerweiterung öffentlich in Erscheinung.
Der FDP-Landesvorstand will Anfang Oktober über Adamietz' Aufnahmeantrag entscheiden. „Ich habe keine Zweifel, daß das klappt“, kommentierte der Landesvorsitzende Manfred Richter. Klappen wird wohl auch Adamietz' Wunsch nach einem Mandat in der Bürgerschaft. Der Vorsitzende des FDP-Kreisverbands Mitte, Andreas Jordan, würde „seinen Anspruch auf einen Platz gerne an Adamietz abgeben“, sagte er auf taz-Anfrage. Beide kamen aus der BGL zur FDP.
taz: Was bringt einen alten Grünen wie Dich zur FDP?
Axel Adamietz: Man muß vielleicht eher fragen, was bringt mich in die Parteipolitik? Wir haben nächstes Jahr wieder Bürgerschaftswahl, seit 20 Jahren haben wir eine absolute SPD-Mehrheit, wir eine SPD-Regierung seit 1945 — da stellt sich für mich die Frage, ob man nochmal versucht, politisch etwas zu bewegen. Und das setzt zwei Punkte voraus: die Notwendigkeit — darüber muß ich nicht viel sagen — und eine Chance. Aber die gibt es zur Zeit außerhalb der Parteien nicht mehr. Als engagierter Bürger hast du doch immer nur das Gefühl, wenn du wirklich was bewegen willst, dann geht das nur in der SPD.
Und zu den Grünen wolltest du nicht?
Ich glaube, daß ich von den Grünen — nach deren Einschätzung — nicht gebraucht werde. Ich habe mich nirgendwohin gedrängelt, ich bin auch nicht gefragt worden...
Hast Du denn gefragt?
Nein, ich habe auch nicht gefragt. Aber ich denke, ich vertrete so viele Leute von denen, einschließlich Parteiorganisationen, daß jemand, der wollte, ja hätte fragen können. Aber warum fragt man nicht? Weil die Perspektive verloren gegangen ist. Man hat sich eingerichtet.
Du willst für die FDP in der Bürgerschaft zurück?
Ich gehe davon aus, daß ich die Politik ernsthaft nur in der Bürgerschaft umsetzen kann. Ich habe auch ein Interesse daran, da noch einmal die Klinge mit den Kontrahenten zu kreuzen.
Wo wirst du denn innerhalb der FDP stehen?
Ich würde mich eher als ein Grün- Liberal-Radikaler fühlen, als als Altliberaler oder Wirtschaftsliberaler. In den nächsten vier, fünf Jahren, wird es um die Auflösung eines Uraltkonzepts von Marktwirtschaft gehen. Wir sehen jetzt im Osten, daß die alle nach Marktwirtschaft schreien, aber im Grunde eine Vorstellung davon haben, die wir schon im 19. Jahrhundert ad acta gelegt haben. Auch die soziale Marktwirtschaft ist doch schon zu Bismarcks Zeiten abgefeiert worden. Heute geht es darum, wie ich Ökologie mit dem Markt umsetzen kann.
Aber die FDP hat doch zum Beispiel einen ökologisch fatalen Flughafenausbau eher befürwortet...
Das ist richtig. Selbst ich will den Flughafen ja nicht weghaben. Sondern ich sage gerade: Wie gehe ich in einer solchen Konfliktsituation mit den beteiligten Interessen — Bestand des Flughafens und Anliegerinteressen — um. Das ist der Kernpunkt und um den hat sich die FDP zugegebenermaßen nicht gekümmert.
Du hast verdammt viel vor: Erstmal der FDP die Ökologie schmackhaft machen und sie dann auch noch mit der FDP in Bremen durchsetzen.
Sowas kann man natürlich nicht alleine machen...
Hast du schon eine Seilschaft in der FDP?
Nein, ganz im Gegenteil. Aber ich denke, daß eine politische Strömung in Bremen da ist, die genau dies für richtig hält, es aber bisher nicht umsetzen kann. Und ich denke, wo eine solche Notwendigkeit ist, werden sich auch die Mittel und Wege finden, sie umzusetzen. Die FDP ist dafür sicher das kleinste Übel.
Fragen: Dirk Asendorpf
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