Genscher dankt Peking

■ Außerminister für Ausbau der Beziehungen MIT CHINA AUF DU UND DU

New York/Peking (taz) —Die Bundesrepublik und die Volksrepublik China wollen ihre Beziehungen „weiter entwickeln“, gab Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher nach einem Gespräch mit seinem chinesischen Kollegen Qian Qichen am Mittwoch am Rande der Vollversammlung der UNO in New York bekannt.

Genscher bedankte sich laut der offiziellen Nachrichtenagentur 'Neues China‘ bei der Pekinger Regierung für die „beständige Unterstützung“ bei der Vereinigung der beiden deutschen Staaten und für die chinesische Haltung im UN-Sicherheitsrat in der Golfkrise. Die Volksrepublik hatte für eine Boykottpolitik gegen den Irak gestimmt. Die Äußerungen Genschers deuten auf eine Verbesserung des nach dem Pekinger Massaker getrübten Verhältnisses zwischen beiden Staaten.

Kanzleramtsminister Seiters schickt sich bereits wieder an, einen Entschließungsentwurf zur Aufhebung der Deckungssperre bei Hermesbürgschaften zu unterbreiten. Mit dieser Kreditsicherung können westdeutsche Unternehmen ihre Investitionen in China teilweise absichern. Bislang war eine Diskussion über eine Vergabe der Hermesbürgschaften im Bundestag zuletzt durch einen Antrag der SPD immer wieder verschoben worden. Derzeit wird allerdings der Druck der Industrie und einiger konservativ regierter Bundesländer auf Bonn immer stärker.

In China häuften sich in letzter Zeit Besuche von Landespolitikern aus Hessen und Baden-Württemberg, die versuchten, im Reich er Mitte gut Wetter zu machen, um —wie sie übereinstimmend versicherten — nicht den Anschluß im china-Geschäft zu verlieren. Als nächster Gast hat sich der Rheinland-Pfälzische Ministerpräsident Schwarz angesagt. Seine Visite dürfte gegen die Sanktionspolitik der EG verstoßen, die Treffen auf hoher Ebene noch immer untersagt.

Sollten die Hermesbürgschaften nicht weiter gewährt werden, wäre der Bau der Shanghaier U-Bahn (Projektkosten 460 Millionen Mark) gefährdet, an dem die AEG und Siemens maßgeblich beteiligt sind. Auch Unternehmen wie die Lufthansa müßten um ihre Investitionen fürchten, weil ihre Wirtschaftskontakte rarer würden. Die Lufthansa baut derzeit für 430 Millionen Mark ein Wohn- und Geschäftszentrum.

Die deutschen Exporte in die Volksrepublik sind im ersten Halbjahr 1990 um fast 15 Prozent auf 2,025 Mrd. DM zurückgegangen, so der Ost-Ausschuß der Deutschen Wirtschaft. Zurückzuführen sei dies einerseits auf die generelle Importdrosselung, mit der die chinesische Regierung vor allem die negative Handelsbilanz auszugleichen versucht. Andererseits stelle die Bundesrepublik keine staatlichen Kreditbürgschaften zur Verfügung. Die Volksrepublik China hingegen konnte wie im Vorjahr ihre Exporte nach Deutschland erheblich steigern: Mit einem Zuwachs von 26 Prozent auf 3,416 Milliarden DM wurde sogar ein Handelsbilanzüberschuß gegenüber der BRD von 1,4 Mrd. DM erzielt. Wie der Ost-Ausschuß weiter mitteilt, ist die Bundesrepublik Deutschland trotz der Erschwernisse noch der wichtigste europäische Handelspartner und nach Hongkong, Japan sowie den USA der viertgrößte Wirtschaftspartner der Volksrepublik. Boris Gregor