Mohawks räumen ihre letzte Stellung

Kanadas Indianer können politischen Erfolg verbuchen  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Alle, auch die sie umstellende kanadische Armee, wußten, daß die Indianer vom Stamm der Mohawks ihre letzte Stellung in der Nähe der Stadt Oka bald räumen würden. Doch obwohl die 24 Krieger der „Warrior Society“, sowie rund 30 Frauen und Kinder am Mittwoch ohne ihre Maschinengewehre aus der besetzt gehaltenen Entziehungsklinik herauskamen, kam es bei ihrer Aufgabe zu Handgreiflichkeiten. Ganz so friedlich sollten die zehnwöchigen Auseinandersetzungen zwischen Mohawks und Polizeikräften eben doch nicht zu Ende gehen.

Die Errichtung von Barrikaden gegen die geplante Erweiterung des Golfplatzes von Oka war nach mißglückter Stürmung durch die Polizei am 11. Juli vom Lokalereignis zu einem nationalen Konflikt avanciert. Gleich anschließend errichteten solidarische Mohawks im benachbarten Reservat von Kahnewake auf einer wichtigen Autobahnbrücke nach Montreal eine Straßensperre, die wiederum zu gewalttätigen Protesten weißer Anwohner führte. Nach der freiwilligen Räumung dieser Barrikaden Anfang September durch die Indianer hatten sich rund zwei Dutzend Mohawk Krieger zu ihrem „letzten Stand“ in der Nähe des Golfplatzes in einer Entziehungsklinik verbarrikadiert. Ihre letzte Forderung lautete auf freien Abzug. Die Männer der militanten „Warrior Society“ befürchteten, des bewaffneten Aufstandes und sogar des Mordes angeklagt zu werden. Der Tod eines Polizisten im Juli konnte bei der Stürmung der Barrikaden allerdings ebensogut durch eine Polizeikugel eingetreten sein. Doch ehe die Armee wieder von den auf Revanche sinnenden Polizeikräften abgelöst werden sollte, gaben die Mohawks nun auf.

Dennoch waren ihre Proteste gegen die Umfunktionierung des Indianerfriedhofs von Oka in einen Parkplatz für Golfkurs-Besucher nicht erfolglos. Die kanadische Regierung hatte sich bereits vor Wochen bereit erklärt, das umstrittene Land von der Gemeinde Oka zu kaufen und an die Indianer zurückzugeben.

Die von zahlreichen Solidaritätsprotesten und Demonstrationen in ganz Kanada begleiteten Auseinandersetzungen am Rande von Montreal erinnerten eine durchaus mit den Indianern symphatisierende kanadische Öffentlichkeit daran, welch schändlichen Umgang dieser vermeintlich so liberale Staat in den letzten Jahrzehnten — von der Zeit davor einmal ganz abgesehen — mit seinen indianischen Ureinwohnern getrieben hat. Erst durch die Proteste der Mohawks dürfte einigen Politikern klar geworden sein, daß eine Lösung des in Kanada schwelenden Verfassungskonfliktes ohne eine grundsätzliche Lösung der Rechts-, Land- und Souveränitätsansprüche der Indianer nicht möglich sein wird.