Die letzten Einkäufe

■ Ab Mittwoch brauchen Polen und Polinnen Visa

West-Berlin. »Turystyczny — Tourismus« steht groß auf den Reisebussen, die zu Dutzenden auf der Westberliner Straße des 17. Juni geparkt sind. Doch die polnischen Besucher interessieren sich nicht für einen Bummel auf dem Ku'damm oder Sehenswürdigkeiten wie die Gedächtniskirche oder das Brandenburger Tor. Sie wollen vor der Visumpflicht, die für sie am 3. Oktober mit der deutschen Einheit gilt, noch ein letztes Mal günstig einkaufen.

In den Straßen um den Bahnhof Zoo kam es deswegen wieder zu einem großen Ansturm von polnischen Käufern. Durchschnittlich fünf bis sechs Stunden mußten Besucher eines Lebensmitteldiscounters auf Einlaß warten. Die meisten polnischen TouristInnen bestätigen, daß heute fast nur noch für den Privatkonsum eingekauft wird. Ein Weiterverkaufen lohne sich wegen des Überangebots in Polen fast nicht mehr. Noch vor einem Jahr, so sagen sie, war der Wiederverkaufsanteil wesentlich höher. Auch der Zigarettenhandel, damals noch in großem Schwung, läuft nicht mehr richtig.

Polen und andere Osteuropäer konnten bisher als Touristen bis zu einem Monat visumfrei nach West- Berlin einreisen. Dies besagte eine Vorschrift, die noch von den alliierten Schutzmächten stammte. Ab dem 3. Oktober sind die bundesdeutschen Visabestimmungen auf ganz Berlin und die ehemalige DDR ausgeweitet. Die bisherige Handels- und Versorgungsstadt West-Berlin wird dann also endgültig verschlossen bleiben. Eine echte europäische Metropole ... dpa