Sind Folteropfer in der AOK?

■ Ärztekammer-Initiative will Zentrum für Folteropfer aus der Dritten Welt/ Wer zahlt die Behandlungskosten?

Berlin. Für Folteropfer aus der sogenannten Dritten Welt will eine Initiativgruppe der Ärztekammer in Berlin ein Behandlungszentrum gründen. Geplant ist eine Ambulanz mit vier Ärzten sowie Psychotherapeuten und Schwestern, darüber hinaus soll eine Klinik mit 20 Betten zur stationären Aufnahme entstehen. Betreut werden sollen in Deutschland lebende Flüchtlinge oder Opfer von Folterungen und Anschlägen aus Ländern, in denen sie keine ausreichende medizinische Betreuung erhalten können. Ziel des Vereins, der sich zu diesem Zweck gegründet hat, ist es, so der Vorsitzende Christian Pross, keine politischen Kriterien anzulegen. Den Opfern solle geholfen werden, egal aus welchem politischen Spektrum sie kämen.

Ein erstes praktisches Ergebnis der Arbeit zeigt sich im Klinikum Buch: Auf der Krankenstation »Jacob Morenga«, wo, wie berichtet, bereits unter dem SED-Regime Opfer von Bürgerkriegen und militärischen Konflikten medizinisch betreut wurden — allerdings nur Mitglieder von Armeen, Organisationen und Befreiungsbewegungen, mit denen die SED sozialistisch-brüderliche Beziehungen unterhielt —, werden seit Juni vier Kurden versorgt. Sie wurden im März '88 Opfer des irakischen Giftgasangriffes auf die kurdische Bevölkerung und haben schwere Haut-, Seh- und Lungenschäden. In Buch werden sie medizinisch und menschlich vorbildlich versorgt. Was jedoch fehlt, bedauerte Pross bereits vor Wochen, »ist die psychologische Betreuung«. Das geplante Zentrum wäre also eine ideale Ergänzung — vorausgesetzt, die Krankenstation fällt nicht der deutschen Vereinigung zum Opfer. Denn, das wurde gestern klar, im Rahmen der Umstellung auf das bundesdeutsche Finanzierungssystem könnte es schwierig werden: Welches der hier behandelten Folteropfer ist schon Mitglied einer bundesdeutschen Krankenkasse?

Wie Gesundheitsstadtrat Zippel gestern erklärte, wolle man versuchen, die für die Solidaritätsstation notwendigen Mittel in den Haushaltsplan zu bekommen. Zur Finanzierung des Zentrums wird derzeit an einer vom Westberliner Senat in Auftrag gegebenen Studie gearbeitet. Damit der Verein so schnell wie möglich seine Arbeit aufnehmen kann, wird dringend um Spenden gebeten. maz

Sonderkonto »Spenden für Folteropfer«, Kto. Nr. 33305550, Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Bankleitzahl 10090600)