Kinderkram als Kinokunst

■ Neu im Europa: „Dick Tracy“ — von/mit Warren Beatty, Zugabe Madonna

Es gibt eine parodistische Variation der Mona Lisa, in der Daisy Duck geheimnisvoll von der Leinwand herunterlächelt, und genauso gehen die Amerikaner ja wirklich mit ihrer Alltagskultur um. Gerade deren Trivialität und Oberflächlichkeit scheint die kreativen Künstler oder Filmemacher zu faszinieren. In dieser Tradition kann man neben Warhols Suppendose auch Altmans (mißlungenen) „Popeye“ und Warren Beatty's „Dick Tracy“ sehen.

Dick Tracy ist eine Comic-Figur, die seit den 30er Jahren in amerikanischen Zeitungen als unschlagbarer Detektiv mit bizarren Gaunern fertig wurde. Natürlich rollte, wie im letzten Jahr bei „Batman“, wieder eine bombastische Werbekampagne über den Globus, und auch diesmal kann das Produkt die so hochgereizten Erwartungen gar nicht erfüllen — es ist und bleibt halt doch nur ein Film. Aber diesmal hält sich die Enttäuschung in Grenzen, denn „Dick Tracy“ löst zumindest teilweise die herausposaunten Versprechungen ein.

Daisy — wie von da Vinci gemalt

Beatty hat sein ganzes Können und die modernsten Tricks der Disney Studios darauf verwendet, Daisy wie von da Vinci gemalt aussehen zu lassen — um im Bild zu bleiben. Natürlich ist dies auch ein wenig kindisch, aber wirklich lächerlich machen sich nur deutsche Kritiker, die gleich wieder den „Tod des kreativen Kinos“ herannahen sehen.

Beatty läßt sich nicht einmal bei einem parodistischen Augenzwinkern erwischen. Ironisch ist er gerade dadurch, daß er die simplen Geschichten, Stilmittel und Charaktere des Comics ernstnimmt und so kongenial wie möglich auf die Leinwand bringt.

Er filmt nur in den sieben Grundfarben des Zeitungsdrucks, die Figuren bewegen sich in imposant gemalten Kulissen einer Phantasiemetropole, die Bösewichter sind in so bizarre Masken versteckt worden, daß man Dustin Hoffmann kaum und Al Pacino (als Big Boy Caprice in einer seiner besten Rollen überhaupt) gar nicht erkennt.

Madonna ist im Kino nur dann gut, wenn sie sich selber spielt, und ihre leblose Kunstfigur paßt hier ganz genau. Beatty bleibt als Tracy flach, aber auch das ist einer Comicfigur ja nur angemessen.

Wilfried Hippen