Happy birthday to us

■ taz-Bremen gratuliert sich zum Geburtstag / Erster Jahrestag ohne Angst vor Pleite

Bescheidenes Geburtstags-Ambiente bei tazzens viertemFoto: Wolfram Steinberg

Bei Comet werden tschernobyl-verseuchte polnische Brechbohnen falsch deklariert. Der Ostertorsteinweg wird luxussaniert. Bremer Frauenprojekte suchen Nacht-Taxi-FahrerInnen. Und Harry Warrelmann entschärft eine Bombe. Eine kleine Auswahl aus der taz von gestern oder heute? Weit gefehlt. Mit Berichten zu diesen Themen hielt heute vor vier Jahren in Bremen ein Stück neue Pressevielfalt Einzug. Seit dem 1. Oktober 1986 gibt es die Bremen-taz, täglich außer sonntags.

Viel belächelt, ob der ökonomischen Blauäugigkeit, gestützt aber auf mehr als einhundert BremerInen, die der taz finanziell vom Kopf auf die Füsse halfen, startete damals ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Und noch drei Jahre später titelte die taz in eigener Sache: „Hurra wir leben — noch eben.“ Denn nur mit nochmaliger kräftiger finanzieller Hilfe von LeserInnen war es gelungen, die eine oder andere Pleite zu verhindern.

Seit einem halben Jahr ziert nun ein Bild unseres Zeichners til die Redaktionswände, auf dem ein Taucher zu sehen ist, der aus den tiefsten Tiefen monatlicher Verluste das erste Mal aufgetaucht ist. Klartext: Mit der Bremen-taz läßt sich zwar kein Geld verdienen, es reicht aber inzwischen soweit, daß wir dieses Jahr nicht mit unserer eigenen Pleite drohend auf Sposorensuche gehen müssen.

Ein Anlaß zur Erleichterung, kein Anlaß zur Zufriedenheit. Nach wie vor wünschen wir uns, daß unsere Abokurve etwas steiler ausfallen möge. Dafür wollen wir diesen Herbst wieder die Werbetrommel rühren und bitten dabei jetzt schon um tatkräftige Unterstützug unserer LeserInnen. Und wir wünschen uns zudem, daß sich unsere inzwischen erreichte erste Akzeptanz auf dem Werbemarkt noch ein bißchen ausbauen läßt.

Auch Verluste hat es im vergangenen Jahr gegeben. Mehrere Kollegen haben der Bremen-taz zwar nicht die Freundschaft, aber die regelmäßige Mitarbeit aufgekündigt. Da wären die beiden „Gründer- Kläuse“ Wolschner (jetzt taz-Berlin) und Schloesser (jetzt buten&binen). Andreas Hoetzel verließ uns gen ffn und Kultur-step zog es zurück in die Hamburger-Metropole.

Verluste — Gewinne. Alle VerfechterInnen der Frauenquote können jetzt mit Fingern auf die Bremen-taz zeigen. Die neueste Telefon-Liste der taz- MitarbeiterInen zieren 15 weibliche und zehn männliche Namen. Eine Quotierung, die sich durch alle Bereiche der taz-Bremen zieht (Zeichner til mal ausgenommen). Neue Namen, neue Blickwinkel und ein Redaktions-Team, das auf gutem Wege ist, sich neu zu finden. Mit den neuen VolontärInnen Birgit Ziegenhagen und Annemarie Struß-von Poellnitz. Mit Beate Ramm und Markus Daschner, die schon etwas länger bei uns ausgebildet werden. Mit Manfred Dworschak, der seit einiger Zeit die Kulturredaktion verstärkt, und mit den anderen, die da inzwischen auch schon zwei, drei, vier taz-Jahre in Kopf, Bauch und Fingern haben. Und ganz wesentlich und nicht zu vergessen, Gitta, Kai, Brunhilde, Herbert, Ulla, Margret, Regina, Thomas, Ulrike, diejenigen also, die in Verwaltung, Vertrieb und Anzeigenabteilung dafür sorgen, daß in unserem Betrieb größeres Chaos ausbleibt.

Grund genug, das Sektglas zu heben und uns ein kräftiges „Happy Birthday to us“ zuzurufen. Und um die Fragen des Gastkommentators der ersten taz, Werner Alfke, zu beantworten: Wir sind davon überzeugt, inzwischen, daß es einen ökonomischen Markt für die taz-Bremen gibt. Und das Bedürfnis bei den LeserInnen, die taz zu lesen, das müssen wir schon Tag für taz neu wecken.

Also dann: Den Blick voraus zum fünften. hbk