Gewerkschaftsfunktionär scheut Basis

■ IG Medien will ihren Bezirkssekretär Dieter Wilhelmi loswerden

Der langjährige haupt- und ehrenamtliche Gewerkschaftsfunktionär, Dieter Wilhelmi, im Nebenamt SPD-Bürgerschaftsabgeordneter, ist bei dem größten Teil seiner Basis unten durch. Zweieinhalb Stunden diskutierte der Ortsverein der Bremer IG Medien am Samstag morgen im Bürgerhaus Weserterassen über ihren Interessen-Vertreter. Und trotz mehrfacher Aufforderung mochten nur zwei Gewerkschafter mündlich Partei für Wilhelmi ergreifen. Ein Fürsprecher: „Ich kenne Dieter seit 33 Jahren. Wen man sich in das Gewerkschaftshaus begeben würde, würde man ihn auch kennen.“

Doch gerade diejenigen, die den Bezirkssekretär Wilhelmi besser kennen, hatten Kritik an Wilhelmi vorzutragen. So hatte der Vorstand der Bremer IG Medien auf über 50 Seiten Vorwürfe gegen Wilhelmi zusammengetragen. Kern: Wilhelmi habe sich gewerkschaftsschädigend verhalten und Unfähigkeit wiesen.

So soll sich Wilhelmi, als Sekretär zuständig für Streikvorbereitung und — durchführung beim Arbeitskampf 1989 zu Beginn des Streiks auf Urlaubsreise befunden und das Bremer Büro geschlossen haben. Auch in der alltäglichen Arbeit fühlen sich die Bremer Kollegen, die mit 2.800 von 3.400 Mitgliedern immerhin den weitaus größten Ortsverein im Wilhelmi-Bezirk stellen, mehr behindert, denn unterstützt. Ein Vorstandmitglied wurde von ihm aus dem gemeinsamen Orts-und Bezirksbüro gewiesen. Ein Brief des neuen IG Medien-Vorsitzeden Kurt Müller wurde 1989 nicht verschickt, weil dieser den Betrieben in Bremen angeboten hatte, sich persönlich vorzustellen. Und auch Wilhelmis Finanzgebaren stößt auf massive Kritik. So wird in einem IG Medien-Faltblatt aus diesem Monat behauptet, Wilhelmi habe in einem Quartal fast 5.000 Mark Fahrtspesen abgerechnet.

Wilhelmi selbst sagte seine Teilnahme am Samstag ab. Begründung: Er wolle sich nicht vorführen lassen. Statt desse sucht er die gerichtliche Auseiandersetzung. Behauptungen zu seinem Finanzgebahren (s.o) hat er inzwischen untersagen lassen.

Das Vertrauen der Basis konnte er dadurch nicht wieder herstellen. 100 der etwa 110 Anwesenden hoben ihre Hände für den Mißtrauensantrag. Falls Wilhelmi in fünf Wochen noch im Amt ist, soll es Konsequenzen geben. Zwei Vorschläge aus der Diskussion: Entweder die Beiträge auf ein Sperrkonto zahlen oder raus aus der IG Medien. Ein Radio Bremen-Mann zur Stimmung im Betrieb: „Die Kollegen sagen, jetzt haben wir endlich einen Grund auszutreten.“ hbk