UNTERM STRICH

Die Nominierungsjury für den Europäischen Filmpreis gab am Freitag ihre Auswahl aus 25 eingereichten Filmen für den Hauptpreis bekannt, aus der am 2. Dezember in Glasgow der Sieger ermittelt wird. Es handelt sich um Matj(Mutter) von Gleb Panfilov aus der Sowjetunion, Cyrano de Bergerac von Jean-Paul Rappeneau (Frankreich), Tulitikkutehtaan Tyttö(Das Mädchen aus der Streichholzfabrik) von Aki Kaurismäki (Finnland), Porte Aperte(Offene Türen) von Gianni Amelio (Italien), Presluchanie(Befragung) von Ryszard Bugajski (Polen), Ay Carmela! von Carlos Saura (Spanien) und Skyddsängeln von Suzanne Osten (Schweden). Ein deutscher Film — nominiert waren Abrahams Gold von Jörg Graser, Wedding von Heiko Schier und Überleben in New York von Rosa von Praunheim ist nicht benannt. Bereits gekürt wurde von der Jury der beste europäische Dokumentarfilm des Jahres 1990: Uliza Poperechnaya(Poperechnaya Straße) von Ivars Seleteskis aus der Sowjetunion, eine Produktion des Rigaer Filmstudios. Eine Besondere Erwähnung ging an den Schweizer Film Step Across The Border (siehe Artikel auf der nächsten Seite). Für den „Jungen Europäischen Film des Jahres“ wurde u.a. Un monde sans pitié(Eine Welt ohne Mitleid) von Eric Rochant (Frankreich) nominiert.

Der deutsche Schauspieler Heinrich George soll am 26. September 1946 an einer zu hohen Narkose-Dosis im sowjetischen Internierungslager Sachsenhausen während einer Blinddarmoperation gestorben sein. Die 'Berliner Zeitung‘ (Freitagausgabe) berichtet unter Berufung auf die damalige Mitgefangene Käte Morche, der Künstler habe ein Einzelgrab „irgendwo im Wald“ erhalten. Als Grund für die Inhaftierung des 1893 geborenen Schauspielers vermutet die Zeitung seine Arbeit als Generalintendant des Berliner Schiller-Theaters seit 1943. Die heute 79jährige Zeitzeugin Morche hatte Heinrich George bereits 1945 im Lager Hohenschönhausen kennengelernt, das der Schauspieler nach ihren Erinnerungen als „einer der ersten“ in Richtung Sachsenhausen verlassen mußte. Im März 1946 wurde auch Frau Morche nach Sachsenhausen gebracht, wo sie dem Schauspieler erneut begegnete. Bei Theateraufführungen in Sachsenhausen, die laut Frau Morche für die Gefangenen bestimmt gewesen seien, habe Heinrich George ausschließlich in deutscher Sprache gespielt. Mit der Theatergruppe habe er gearbeitet, als wäre er „an der Volksbühne“.

Eine Brecht-Gesellschaft ist am Donnerstag in Berlin gegründet worden. Dem geschäftsführenden Vorstand gehören die Schauspielerin Steffie Spira als Ehrenvorsitzende sowie Wolfgang Jeske und Gerd Koch (beide Bundesrepublik), Jürgen Schebera, Inge Gellert und Barbara Wallburg (alle DDR) sowie Rudy Hassing (Dänemark) an. Über den Namen — in der Diskussion sind „Europäische Brecht-Gesellschaft“ und „Neue Diderot-Gesellschaft“ — soll die nächste Mitgliederversammlung befinden. Die Gesellschaft knüpft an Brechts literarisch-theatralisches, soziales und philosophisches Konzept an und ist experimentell orientiert. Mitglieder gibt es bereits in der ČSFR, in Frankreich, Italien, Polen, Schweden, der Schweiz und der UdSSR.