RAF-Brief gegen reißerische Presse

■ Klarstellungen von Eva Haule zu Presseveröffentlichungen über die Hafenstraße

Berlin (taz) — Eva Haules Erklärung dementiert nur vordergründig die reißerischen Presseveröffentlichungen der vergangenen Wochen. Tatsächlich steckt mehr hinter dieser Klarstellung. Die künstlich hochgeschraubte Auseinandersetzung um die „Funde“ in der Hamburger Hafenstraße dient ihr nur als Aufhänger: Es geht der Gefangenen ganz offensichtlich darum, eine auch für das staatliche Gegenüber einschätzbare (Verhandlungs-) Position abzustecken. In seltener Eindeutigkeit wird formuliert, was die RAF-Häftlinge wollen und was sie nicht wollen. Sie wollen nicht zurück in die bleierne Zeit, nicht die „schlechte Unendlichkeit“ einer Auseinandersetzung, die längst irrational und unproduktiv geworden ist. Konkret: Keine Geiselnahme zu ihrer Freipressung wie 1977, keinen neuen Hungerstreik wie zuletzt 1989 und erst recht keinen „Endsieg“. Gleichzeitig verknüpft Eva Haule die Fortsetzung des bewaffneten Kampfes — also die Planung und Durchführung von Attentaten — eindeutig und ausschließlich wie nie mit der Haftsituation der Gefangenen. Die „ungebrochene Vernichtungsstrategie gegen uns Gefangene bleibt objektiv eine Verpflichtung, den Kampf auch bewaffnet zu führen“. Mit anderen Worten, ohne eine Zusammenlegung in größere Gruppen, die auch der Verfassungsschutz schon seit Jahren vorschlägt, wird die mit Herrhausen und Neusel begonnene Attentatsserie fortgesetzt. Gleichzeitig wird in der Erklärung der bewaffnete Kampf offen wie nie zur Disposition gestellt. Von „strategischer Neuorientierung“ ist nicht nur die Rede, sie wird mit den „veränderten globalen politisch-gesellschaftlichen Bedingungen“ begründet. Das Papier zeugt von einem gewachsenen Realitätssinn der Gefangenen, der bereits einmal während des letzten Hungerstreiks kurz aufflackerte. Wer sich gegen „Kapitulation“ und gegen „sinnlose Eskalation“ ausspricht, der will den Kompromiß — unter Wahrung des Gesichts. Die Hoffnung allerdings, daß die andere Seite das Signal aufnimmt, scheint gering. Immer noch behält jene Fraktion des Staatsschutzapparats die Oberhand, die nach jedem Anschlag ihr Glaubensbekenntnis vom Staat herunterbetet, der sich nicht erpressen lassen dürfe. Längst hat sich diese blödsinnige Formel als größtes Hemmnis gegen jeden Fortschritt in dieser Auseinandersetzung erwiesen. Es geht schon lange nicht mehr um Prinzipien, sondern um Auswege. Gerd Rosenkranz