In Frauenkörper gucken: rosa!

■ Kurs zur Selbstuntersuchung / „Liebhaber und Ärzte kennen uns am besten“

Frauenkörper: zu dick, zu klein, zu cellulitisch, zu mager, zu blaß, zu behaart, zu flachbrüstig, zu muskulös, zu sommersprossig, zu!

Auf die Frage, welche Anklagepunkte Frauen in ihrem Leben gegen ihren Körper zusammengestellt haben, kommen lange wie schreckliche Mängellisten zutage. Unvergessen die Stelle in Verena Stefans feministischem Kultbuch „Häutungen“, wo auf dem Bürgersteig entgegenkommende Männer hämisch ihre Brust als „baumelnde Hängetitten“ belachen. Und auch bei denen, die sich mögen und schön finden, die auch Sommersprossenfelder oder ihren viel zu runden Po nicht zu lieben aufgehört haben, ist bei der Oberfläche oft und viel zu früh Schluß.

Welche Frau kennt sich denn von innen? Klar: Tampons reinschieben, vielleicht gar mit der hygienischen Einführhülse, oder Zäpfchen gegen Pilzinfektionen applizieren. Aber sonst? „Liebhaber und Gynäkologen kennen Frauenkörper oft besser als die Frauen selbst“, weiß Heike Peters, Apothekerin, die im Frauengesundheitszentrum (FGZ) zusammen mit der gelernten Hebamme Maren Grimm Kurse zur “Selbstuntersuchung“ für Frauen anbietet.

Denn: Frauen, die mit gespreizten Beinen auf dem Gynäkologenstuhl sitzen, haben nur selten das Glück, daß die Ärztin ihnen sagt, was sie dort sieht und tut. Maren Grimm: „Wir wollen mehr Selbstbestimmung, und den Unterleib nicht abgeben an Gynäkologen.“

Ein Wochenende lang Selbstuntersuchung zu lernen, das heißt nicht: hinkommen, ausziehen, reingucken. Die sechs oder acht Frauen in der Gruppe lernen sich erst einmal kennen, sagen ihre Wünsche und Fragen. Dann geht es um medizinische Grundlagen über den Zyklus, um Krankheitsbilder und um Veränderungen und Normalitäten der weiblichen Brüste. Auch um alternative Heilmethoden: Yoghurt statt Pillen — aber nur in manchen Fällen! Erst am zweiten Tag gibt es dann ein Spekulum — aber nicht so ein Metallschnabel wie beim Arzt, sondern ein selbsthaltendes kleines Instrument aus Klarplastik, das die Frauen vorsichtig in die Scheide einzuführen lernen und festzustellen. Und dann der erste Blick per Spiegel nach innen: die Wände der Scheide in allen Rosarottönen, das hintere Gewölbe und wie eine Nasenspitze der Muttermund. Frauen, die sich regelmäßig begucken, wissen schnell, was bei ihnen normal ist, erkennen Veränderungen und erleben, wie sich Farbe und Geruch mit dem Zyklus verändern. Das Ganze soll den Besuch bei der Frauenärztin nicht ersetzen, aber: „Frauen, die ihre Köper kennen, treten den ÄrztInnen gegenüber viel selbstbewußter auf und können ganz anders nachfragen“, sagt Heike Peters.

Daß Frauen selbst ihre Brust untersuchen sollen, gehört inzwischen zur Standardforderung der Krebsvorsorge. Nur selten zeigen die ÄrztInnen gründlich und in Ruhe, wie das eigentlich geht und welche Knötchen normal sind. Der Unterleib aber bleibt tabu und ärztliche Domäne. Peters: „Wir wollen Selbstuntersuchung auch den Gynäkologinnen nahebringen, damit sie die Patientinnen dazu ermutigen.“ S.P.

Der nächste Wochenend-Kurs findet statt am 13./14. Oktober im Frauengesundheitszentrum und kostet 80 bzw. 90 Mark. Anmeldung über Tel. 430090