BVB-Fahrpreise bald auf Westniveau

■ Magistrat plant drastische Tariferhöhungen/ Entscheidung nach den Wahlen Beschäftigte von BVB und BVG fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit

Berlin. Im neuen Jahr müssen die Ostberliner mit drastischen Tariferhöhungen bei den BVB rechnen. Von jetzt 20 Pfennigen könnte der Preis des Einzelfahrscheins dann auf bis zu 1,90 Mark angehoben werden. Der Preis von 1,90 Mark entspräche 70 Prozent des BVG-Tarifs von 2,70 Markund wäre das weitgehendste unter verschiedenen »Denkmodellen«, die zur Zeit diskutiert würden, hieß es im Magistrat. Nach anderen Überlegungen sollte der Einzelfahrschein etwas weniger als eine Mark kosten. Bei der BVG bewegen sich die Vorschläge zwischen einer und 1,50 Mark. Die Preise für Zeitkarten will der Magistrat nicht anheben. Die Umweltkarte würde dann für Ostberliner nach wie vor nur 30 Mark kosten, während in West-Berlin 65 Mark zu bezahlen sind.

Vor den Wahlen am 2. Dezember werde es jedoch mit Sicherheit keine Entscheidung über Tariferhöhungen geben, meinen Eingeweihte. Unumgänglich sind die Preiserhöhungen, weil die BVB-Beschäftigten immer lauter nach »gleichem Lohn für gleiche Arbeit« rufen. Auf der ersten gemeinsamen Personalvollversammlung von BVG und BVB, die gestern in der Deutschlandhalle stattfand, wurde diese Forderung sowohl vom BVB-Gewerkschaftsratsvorsitzenden Feldmann als auch vom BVG- Personalratschef Mehner unterstützt. Um höhere Löhne zu finanzieren, braucht die BVB aber auch größere Einnahmen.

Wie sich die gesplitteten Tarife in einem vereinigten Berlin überhaupt aufrechterhalten lassen, ist noch völlig ungeklärt. Wer eine BVB-Umweltkarte für 30 Mark erwerben will, muß bisher ein »DDR-Personaldokument« vorlegen. Auch die verbilligten Fahrkarten, die von Bürgern der ehemaligen DDR zum Preis von zwei Mark für Fahrten nach und in West-Berlin gekauft werden können, werden von der BVG bisher nur »zusammen mit gültigem DDR-Personaldokument« anerkannt. Künftig wird es jedoch immer mehr Ostberliner Bürger geben, die ihren blauen DDR-Ausweis gegen eine bundesdeutsche Identitätskarte umtauschen. BVB-Sprecher Mummhardt konnte nur vermuten, man werde bei der Fahrscheinkontrolle künftig auf den im Ausweis vermerkten Wohnsitz achten müssen.

Die Direktion der BVB geriet auf der gestrigen Personalversammlung unter Beschuß. Ein Mitglied des BVG-Personalrats forderte BVB- Chef Graetsch auf, sich wegen seiner SED-Vergangenheit nicht wieder um das Amt zu bemühen. Starken Beifall vieler BVB-Beschäftigter gab es für die Forderung, die BVB-Chefetage abzuspecken. Dort sitzen zur Zeit 13 Direktoren, bei der BVG sind es nur vier. Betriebe-Stadtrat Kurt Blankenhagel (SPD) verwies auf die noch ausstehende Entscheidung des BVB-Verwaltungsrats. Dort werde man sich die bisherigen Amtsträger genau angucken. Nach Schätzungen von Teilnehmern hatten sich etwa 5.000 Beschäftigte von BVG und BVB in der Deutschlandhalle versammelt. hmt