Fünf Jahre für die Atomschieber von Mol

■ Überraschend konsequentes Urteil im Prozeß gegen die Atombande im berüchtigten Atomforschungszentrum

Brüssel (taz/dpa) — Ungewöhnlich harte Strafen wurden am Mittwoch im belgischen Atomprozeß ausgesprochen. In dem Verfahren um die illegale jahrelange Lieferung und Verschiebung hochradioaktiver Abfälle durch das Hanauer Transportunternehmen Transnuklear nach Belgien hat ein Gericht in Turnhout (Provinz Antwerpen) die belgischen Beschuldigten am Mittwoch zu bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Das Gericht ordnete für die beiden Hauptangeklagten die sofortige Verhaftung an. Damit wandern Norbert Van de Voorde, der frühere Leiter der Abteilung für nukleare Abfallbehandlung, und Carlo Smet, der Chef der in Mol als Subunternehmen tätigen Firma Smet-Jet für fünf Jahre hinter Gitter.

Die Kammer sah es als erwiesen an, daß die Angeklagten im berüchtigten Kernforschungszentrum Mol (Nordbelgien) aus der Bundesrepublik stammenden Atommüll über Jahre hinweg angenommen hatten, obwohl ein großer Teil der Abfälle dort gar nicht behandelt werden konnte. Die Abfallbeseitigungsanlage in Mol ist nämlich nur für schwachaktive Abfälle geeignet.

Van de Voorde hatte dem Hanauer Skandalunternehmen regelmäßig „Problemware“ abgenommen, darunter auch mittel- und selbst hochaktive Atomabfälle, die zum Teil noch heute in Mol lagern. Nach Ansicht des Gerichts waren sich die beiden Hauptangeklagten sehr wohl bewußt, daß die Abfälle in Mol nicht konditioniert werden konnten. Die Deals seien, wie die Kammer feststellte, mit gefälschten Bescheinigungen abgewickelt worden. Für die Entgegennahme und die angebliche Verarbeitung hätten sich die beiden „riesige Summen“ von der deutschen Nukem- Tochter zahlen lassen.

Van de Voorde hatte von der Transnuklear auch „Sachwerte“ erhalten. Die Annahme eines Golf- Cabrio für treue Dienste hatte der Mol-Mann seinerzeit mit dem Hinweis verteidigt, er habe dies für „ein zinsloses Darlehen“ gehalten.

In Mol wurde aber nicht nur „falscher“ Atommüll angenommen, sondern auch wieder zurückgeschickt. Smet und Van de Voorde mixten dabei verschiedene Abfälle. Selbst belgischer plutoniumhaltiger Atommüll wurde mit bundesdeutschen Müll verschnitten und als konditionierte Ware an deutsche AKWs zurückgeschickt. Die Affäre war vor drei Jahren aufgeflogen und hatte für den bislang größten Atomskandal gesorgt.

Glimpflich davon kam in dem belgischen Prozeß der Generaldirektor des Forschungszentrums in Mol. Er erhielt nur eine Haftstrafe von vier Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Eine ähnliche Rolle an den Atomschiebereien konnte ihm nicht nachgewiesen werden. -man-