"Wir haben alle Pestizide im Körper"

■ Diskussion über die Folgen von "Pflanzenschutzmitteln"

Quasi unter Ausschluß der Öffentlichkeit fand jüngst im Landkreis Verden ein Expertenhearing über Pestizide in der Nahrungskette statt. Thema war dabei unter anderem die Güte der Trinkwasserbrunnen bei Verden, über die auch Bremen versorgt wird.

Auf Initiative von Umweltschützern aus Fischerhude hatten sechs Bürgerinitiativen, 28 ÄrztInnen und zwei Pfarrer von dem rot-grün regierten Landkreis Aktivitäten gegen die Anwendung der chemischen Helfer gegen Unkraut und gefräßige Insekten gefordert. Das Schreiben landete zunächst in der Ablage, bis die Fraktion der Grünen die Behandlung des Themas im Umweltausschuß auf die Tagesordnung setzen ließ. Zur fachkundigen Information der PolitikerInnen wurden sechs Experten geladen, darunter drei Vertreter von Umweltinitiativen.

„Wir haben alle Pestizide im Körper, und sie gefährden unsere Gesundheit. Sie können Allergien hervorrufen, ja sogar Krebs und Unfruchtbarkeit“, stellte Dr. Bernhard Krüger vom Gesundheitsamt Verden fest. Das bestätigte auch Dr. Joermann von der Biologischen Bundesanstalt Braunschweig (BBA), der vor allem das Zulassungsverfahren für Pestizide beschrieb. Joermann mußte sich von den Umweltschützern vorwerfen lassen, daß die BBA die Wechselwirkung von Chemikalien bei ihren Untersuchungen nicht ausreichend berücksichtige.

Das vom Trinkwasserverband Verden geförderte Wasser sei frei von Pestiziden, da es aus Brunnen mit bis zu 270 Metern Tiefe stamme, stellte der Gesundheizsingeneur des Verdener Gesundheitsamtes, Jürgen Hold, fest. Im oberflächennahen Bereich von zwei Wasserwerken habe man Belastungen im „Bereich der Nachweisgrenze“ festgestellt.

Die Muttermilch gehört laut Hold „zu den am stärksten belasteten Lebensmitteln“. Bei den festgestellten Rückständen handle es sich vielfach um nur langsam abbaubare „Altlasten“ wie etwa um das seit langem verbotene DDT. Neue Mittel würden schneller abgebaut. Trotz der Belastung sollten Säuglinge vier bis maximal sechs Monate gestillt werden. Gestillte Kinder seien nachweisbar gesünder als nichtgestillte.

Über die verschleierte Deklaration der Inhaltsstoffe von Pestiziden klagte Wolfgang Bödeker vom „Pestizid-Netzwerk“, einem Zusammenschluß von 25 Umweltinitiativen. „Wir müssen bei der amerikanischen Umweltbehörde anrufen, um Auskunft über die Zusammensetzung einzuholen“, so Bödeker. In den USA sei die Informationspolitik ebenso wie in Italien und den skandinavischen Ländern liberaler als in der Bundesrepublik. Klaus Michel von der Arbeitsgemeinschaft „Eine Welt“ monierte den Export von verbotenen Pestiziden, in die Dritte Welt: „Aber wir bekommen sie mit den Bananen, dem Kaffee und den Futtermitteln wieder zurück.“

Fazit der Experten und Empfehlung an die Politik: Die VerbraucherInnen können Pestiziden nicht entgehen. Die Belastung kann aber verringert werden durch eine gezielte Information aller Landwirte und eine stärkere Förderung des ökologischen Landbaus.

asp