Senat gegen Flughafen-Kompromiß

■ Gegner der Pistenverlängerung: Wortbruch und Rechtsunfähigkeit des Senats

„Von diesem Senat können Sie noch nichtmal einen Gebrauchtwagen kaufen. Denn er ist nicht in der Lage, einen rechtsgültigen Vertrag zu schließen.“ Dies ist das Ergebnis der voräufigen Bilanz, die Axel Adamietz, Anwalt in allen zwölf Klagen gegen die bereits im Bau befindliche Flughafenerweiterung, gestern zog.

Vor allem der Bauer Heinz Wähmann an der Neuenlander Straße, dem der Senat 1980 per Grundbucheintrag zugesichert hatte, daß die Rollbahn niemals über seine ehemaligen Felder verlängert werden würde, fühlt sich heute betrogen. Nicht nur, daß der Senat 1990 versuchte, das alte Recht zu enteignen. Nachdem die Enteignungskommission im April der Enteigung nicht zugestimmt hatte, äußert Bremens Oberverwaltungsgerichts-Präsident Pottschmidt nun „Zweifel“, ob die Grundbucheintragung von 1980 überhaupt „rechtlichen Bestand“ hat. Schließlich werde damit ja die Planungsautorität des Staates auf Dauer beschnitten — womöglich ein Verstoß gegen den §134 des Bürgerlichen Gesetzbuches („Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig...“).

Umgehend schloß sich die Flughafen-GmbH dieser Rechtsauffassung an und auch der Senat liebäugelt damit, sein eigenes Wort von 1980 einfach für ungültig zu erklären. „Wir brauchen keine juristischen Spitzfindigkeiten mehr, sondern eine politische Lösung“, fordert dagegen der Anwalt der Flughafenanlieger. In einem 15-Punkte-Papier hat er dem Senat ein umfassendes Vergleichsangebot gemacht. Wesentlicher Vorschlag darin: Die Festschreibung einer „Fluglärmkontur“. Nach Stuttgarter Vorbild dürfte der Gesamtlärm des Flughafens dann einen Maximalwert, der sich an einer senatseigenen Prognose für das Jahr 1995 orientiert, nicht mehr überschritten werden. Neue Flüge könnten nur genehmigt werden, wenn gleichzeitig andere gestrichen oder insgesamt leisere Flugzeuge eingesetzt würden.

„Wir wollen ja den Flughafen nicht abschaffen“, argumentiert Adamietz, „aber wir brauchen einen wirksamen Schutz der Bevölkerung vor noch mehr Lärm und Abgasen.“ Auch die ine Entwicklung des Flughafens werde mit dem Vergleichsvorschlag nicht behindert. Schließlich geht die Lärmprognose von 9.000 statt heute 6.000 Flugbewegungen von Düsenflugzeugen aus — allerdings mit leiseren Maschinen.

Die Ablehnung kam allerdings prompt: „Aus unserer Sicht ist Ihr Angebot nicht verhandlungsfähig“, schrieb Bürgermeister Wedemeier persönlich an Adamietz und berief sich dabei auch auf die Weigerung der Flughafen- GmbH, Einschränkungen für ihr ergeiziges Projekt „Flughafen 2000“ hinzunehmen.

Kommt es in den nächsten drei Wochen nicht doch noch zu der von den Klägern angestrebten politischen Lösung, dann sehen sich Axel Adamietz und ein Vertreter des Senats am 30. Oktober vor dem Oberverwaltungsgericht wieder, um darüber zu debattieren, ob ein Bürger das Recht hat, auf das notariell beglaubigte Wort der Landesregierung zu vertrauen — oder eben nicht. Ase