Entspannung stört und belebt das Geschäft

■ “MagneTek EuroAtlas“ expandiert zivil auf östlichen Märkten / taz-Rüstungsserie Teil VIII

Eine Firma, die schon mehrere EignerInnenwechsel überlebt hat, aber beharrlich immer das gleiche Produkt herstellt: „MagneTec EuroAtlas“ in Bremen- Mahndorf. Gleichzeitig eine Firma, die mit diesem Produkt die Einbrüche im Rüstungsgeschäft unbeschadet überstehen will, indem sie es „zivil umstrickt“ und auf den Märkten Osteuropas feilbietet. Der Geschäftsführer der „MagneTec Euroatlas“, Klaus H. Kahrs, ist daher einer der wenigen bremischen Rüstungsmanager, die sich über die Abrüstung freuen können: „Wir erwarten auf dem zivilen Markt einen stärkeren Anstieg, als wir auf dem militärischen Sektor je hätten erzielen können.“ Das Produkt von „MagneTec EuroAtlas“ heißt ganz schlicht: „statische Stromversorgungsanlagen“.

Gegründet wurde der Betrieb als „Varoatlas“ 1962 von Krupp (Atlas) und dem US-Unternehmen Varo. „Varoatlas“ sollte für die ersten westdeutschen U-Boote die „statischen Stromversorgungsanlagen“ von der US-Mutter zu importieren, einbauen und warten. Rüstungsanteil zu dieser Zeit: 100 Prozent.

Bald ging der Betrieb dazu über, die „Stromversorgungsanlagen“ selbst zu entwickeln und zu fertigen. „Statische Stromversorgungsanlagen“ werden gebraucht, weil auf den Schiffen zwar Generatoren oder Batterien Strom erzeugen, es für diesen Strom aber, wie sich Geschäftsführer Klaus Kahrs ausdrückt, „unheimlich viele Arten der Störung“ gibt: „Überspannung, Unterspannung, Netzausfall, der Motor sackt zusammen, die Batterie läßt nach.“ Damit an Bord die Ortungssysteme, die Radaranlagen, die sensiblen Computer gut funktionieren, brauchen sie Eingangsgeräte, die für „gleichbleibenden sauberen Strom“ sorgen. Und auf diese Eingangsgeräte ist der Bremer Betrieb spezialisiert. Die Geräte sind dabei teils so klein wie Zigarettenschachteln oder so wuchtig wie Riesenkleiderschränke. In den letzten Jahren werden vor allem Rüstungswerften in Australien, Schweden, Dänemark und Norwegen beliefert.

1974/75 kam es zum ersten Eigentümerwechsel: Der Rüstungsboom der 60er Jahre hatte nachgelassen, Krupp und auch Varo, die amerikanische Mutter, zogen sich zurück. Der Manager Gerhard Heusinger kaufte auf das Drängen von Banken das Unternehmen, nannte es um in „Euroatlas“ und tat den zivilen Sektor für „statische Stromversorgungsanlagen“ auf: Krankenhäuser, Flughafen-Tower, Rechenzentren.

1989 stand der nächste Eigentümerwechsel an. Der Alleingesellschafter Heusinger wollte sich zur Ruhe setzen und verkaufte „Euroatlas“ an das US-Elektrik- Unternehmen „MagneTec“. „MagneTec“ mit seinen 15.000 US-Beschäftigten versucht derzeit, auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen.

„Euroatlas“ mit seiner Ausrichtung auf westeuropäsiche Kundschaft war dabei die erste Neuerwerbung. Die neue Inhaberin taufte den Bremer Betrieb um in „MagneTec Euroatlas“, gab ihm Planvorgaben für das Betriebsergebnis und ließ der Bremer Geschäftsführung ansonsten freie Hand.

Die weltweiten Abrüstungsbemühungen sind im Bremer Betrieb zu spüren. Geschäftsführer Kahrs: „Seit zwei, drei Jahren werden die paar Schiffbauprogramme, die es gibt, höchstens verschoben oder reduziert. Die Programme sind sehr unsicher geworden.“ Gleichzeitig spürt „Managing Director“ Kahrs ganz andere Auswirkungen des schwindenden Ost-West-Gegensatzes: „Es boomt vor allem im Osten. Wir erwarten uns große Marktchancen in der DDR: Viele Stromausfälle, viele Produktionsausfälle, schlechte Netze. Wir haben in letzter Zeit noch mehr Leute einstellen müssen für die zivilen Märkte.“ Geschäftsführer Kahrs denkt bereits an Expansion. Er hat ein begehrliches Auge auf das Nachbargrundstück in Bremen-Mahndorf geworfen, dorthin will er US-Produktion der "überwiegend zivilen" Mutter MagneTec verlagern. Ja, betont er mehrmals in seiner zurückhaltenden Art, dies alles seien „glückliche Umstände“. Barbara Debus