Haft für Schlagstock-Vergewaltiger

■ Gericht von der Schuld des Bahnpolizisten überzeugt / Keine Bewährung

Der 32jährige Manfred V. ist gestern vom Amtgericht Bremen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Der Bahnpolizist war angeklagt wegen „sexueller Nötiging und sexuellem Mißbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung in Tateinheit mit Körperverletzung“. An die betroffene Zeugin, die 21jährige heroinabhängige Evelyn N., muß er 1.500 Mark Schmerzensgeld zahlen.

Die an den Ermittlungen beteiligten Polizisten konnten — als Zeugen vor Gericht geladen — nicht verbergen: Sie hatten schludrig ermittelt. Aber die Kriminalbeamten hatten, um der Form genüge zu tun, den Schlagstock sichergestellt. Der lag zuerst Monate beim Bundeskriminalamt, bis das Gutachten bestätigte: Es befindet sich Scheidensekret am Schlagstock.

Der Angeklagte hatte bis zur Eröffnung des Verfahrens Zeit, sich mit dem Verteidiger eine Version auszudenken, wie das Scheidensekret an den Schlagstock geraten sein sollte: Mit seinen Handschuhen habe er die „dreckigen Unterhosen“ in der Tüte der Zeugin bei der Durchsuchung angefaßt und später den Schlagstock berührt. Der wissenschaftliche Gutachter vom BKA mochte die Version des Angeklagten nicht ausschließen. Warum glaubte das Gericht doch dem Opfer?

Staatsanwältin Traub begründete die Glaubwürdigkeit der Zeugin: „Evelyn N. hielt diejenigen, gegen die sie sonst nur Haß und Wut verspürte — die Polizei — für die richtige Adresse für ihr Anliegen.“ Sie hatte sich sogar zu einer Untersuchung im Krankenhaus bereitgefunden. Und schließlich hatten die Spuren am Schlagstock genau ihre Aussage bestätigt. Staatsanwältin Traub: „Da hätte sogar ein Kriminalautor Schwierigkeiten, sich das auszudenken.“ Die Staatsanwältin weiter: „Evelyn N. hat wie jede andere Frau das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Und gerade wehrlose, heruntergekommene Menschen haben den Anspruch, nicht benutzt und ausgenutzt zu werden.“ Und schließlich ginge es auch um das Vertrauen der Allgemeinheit in die Polizei.

Verteidiger Herrmann plädierte „im Zweifel für den Angeklagten“. Es stehe „verdammt viel“ auf dem Spiel für einen Mann, der „bisher unbescholten durchs Leben gegangen sei. Auch Herr V. hat ein Recht darauf, geschützt zu werden!“, appellierte er an das Gericht.

Das Gericht ließ sich nicht irritieren. Die Aussage der Zeugin zusammen mit dem Indiz Schlagstock reichte SchöffInnen und Richter für eine Verurteilung. Daß die Strafe — immerhin unter zwei Jahren — nicht zur Bewährung ausgesetzt wird, obwohl eine Wiederholungstat nicht anzunehmen ist, begründete Richter Nordhausen so: „Eine Aussetzung zur Bewährung würde bei der Bevölkerung auf Unverständnis stoßen.“ Eine Berufung ist zu erwarten.

Beate Ramm