Den Bock zum Gärtner gemacht

951 Bedienstete des ehemaligen DDR-Innenministeriums als Wächter über Stasi-Akten  ■ Von Vera Gaserow

Berlin (taz) — Was bisher nur als Information aus zuverlässiger Quelle floß, ist nun amtlich: Ausgerechnet 951 frühere Bedienstete des Innenministeriums der DDR sollen die Akten und Dateien der Staatssicherheit aufarbeiten und sichern. Das geht aus dem jetzt vorgelegten Entwurf zum 3.Nachtragshaushalt der Bundesregierung hervor.

In dem Haushaltsteil, der das Bundesinnenminsiterium betrifft und in dem u.a. geregelt ist, wieviele Mitarbeiter des ehemaligen DDR-Innenministeriums von ihren neuen Bonner Dienstherren übernommen werden sollen, steht klipp und klar: In der eigens eingerichteten Dienststelle des Sonderbeauftragten für die Sicherung und Archivierung der Stasi- Akten sind 30 Planstellen für MitarbeiterInnen aus der ehemaligen Bundesrepublik vorgesehen. Insgesamt 951 Personen „Dauerpersonal“ sollen aus den Personalbeständen des Stasi-duchsetzten einstigen DDR-Innenministeriums rekrutiert werden.

In dem Entwurf des 3.Nachtragshaushalts sind diese Angaben unter den Rubriken „Ist-Besetzung“ und zu „übernehmendes Dauerpersonal“ des ehemaligen DDR-Innenministeriums versteckt. Von den zu übernehmenden 951 Personen sollen 511 die Bewachung der insgesamt 21 „Objekte“ übernehmen, in denen Stasi-Akten und Dateien aufbewahrt werden. Die restlichen 440 Damen und Herren vom Stasi-verquickten DDR-Innenministerium sind — so die logische Folgerung — für die Aufgabenbereiche Archivierung, Ordnung und Auskunftserteilung und Durchforschung der Stasi-Archive zuständig.

Sie hätten dann direkt mit den Akten zu tun, zu deren Zustandekommen viele von ihnen wesentlich beigetragen haben. Bereits Ende September hatte die taz berichtet, daß nach ihr vorliegenden Informationen die Behörde zur Sicherung der Stasi- Archive unter der Leitung des Sonderbeauftragten Joachim Gauck größtenteils mit ehemaligen Stasi- Kadern besetzt werden sollte.

Das Bundesinnenministerium in Bonn hatte bisher zwar bestätigt, daß rund 1.000 Personen in dieser Behörde arbeiten sollen, hatte bisher aber dazu geschwiegen, aus welchen Bereichen die Stasi-Aktenhüter kommen sollen. Nach dem Haushaltsentwurf weiß man nun genauer, daß die neuen Stasi-Wächter großenteils wieder die alten sein werden.