Bonn lehnt Zivildienst-Kompromiß ab

Im Bundestag setzt sich das Regierungslager nur knapp gegen die vereinte Opposition von SPD, Grünen und PDS durch/ Zahlreiche CDU-Abgeordnete aus der Ex-DDR abwesend  ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski

Der Streit um die Dauer des Zivildienstes hält weiter an. Im Bundestag lehnte die Regierungskoalition mit knapper Not — zwei Abstimmungen und ein nachfolgender Hammelsprung waren nötig — einen Kompromißvorschlag des vom Bundesrat angerufenen Vermittlungsausschusses ab. Für eine Zivildienstdauer von 13 Monaten, die ab Oktober 1991 dann der zwölfmonatigen Wehrdienstzeit angeglichen wird, stimmten 182 Abgeordnete von SPD, PDS und Grünen, dagegen 225 Abgeordnete. Rund 250 der insgesamt 663 Abgeordneten fehlten bei dieser ersten gesamtdeutschen Bundestagssitzung in Bonn.

In der teilweise erregt geführten Debatte, in der aus den Reihen der Union hinsichtlich der einigen Opposition von einer „Volksfront“ gesprochen wurde, hatten SPD und Grüne eine Ungleichbehandlung verurteilt und darauf verwiesen, daß mit der Einbeziehung der DDR- Wehrpflichtigen bei gleichzeitigem Abbau der Armeestärke nur noch jeder zweite männliche Jugendliche zum Wehrdienst eingezogen werde, dagegen alle Wehrdienstverweigerer Zivildienst leisten müßten.

Zivildienst sei „mindestens gleichwertig“, sagte die SPD-Abgeordnete Renate Schmidt. Deshalb müsse Schluß sein mit der „administrativen Schikane“ gegen Zivis. Die bisherige DDR-Abgeordnete Vera Wollenberger (Grüne/Bündnis 90) forderte außerdem die Abschaffung der Gewissensprüfung, die einer „reifen Demokratie unwürdig“ sei.

Unter Abgeordneten wurde die Vermutung geäußert, viele DDR- CDUler seien der Sitzung ferngeblieben, um somit dem Fraktionszwang zu entgehen. Ein gleich langer Zivil- und Wehrdienst sei verfassungsrechtlich nicht möglich, meinte der Unions-Abgeordnete Sauer, weil es ein grundgesetzlich nicht gewolltes Wahlrecht zwischen beiden Möglichkeiten gewähren würde. Der Wehrdienst müsse aber der „Normalfall“ bleiben. Eine längere Zivildienstdauer solle außerdem die „Ernsthaftigkeit der Gewissensentscheidung belegen“, betonte Sauer.

Die FDP lehnte den Kompromißvorschlag ab, betonte aber, dies „muß nicht das letzte Wort sein“; die Zivilienstdauer von 15 Monaten sei bereits ein „erster Schritt zur weiteren Angleichung“. Eine sofortige Anpassung aber sei „unfair“ gegenüber Wehrpflichtigen, die nach dem Ende ihrer Ausbildung zu Wehrübungen herangezogen werden könnten. Dies, so die Opposition, betreffe aber lediglich drei Prozent der Wehrpflichtigen, zumeist auch nur für kürzere Zeit.

Das Gesetz geht jetzt erneut an den Bundesrat. Nach einer voraussichtlich erneuten Ablehnung durch die SPD-Mehrheit hat der Bundestag dann das entscheidende letzte Wort.